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       # taz.de -- Gregor Gysi für deutsche Waffenexporte: „Größeres Unheil verhindern“
       
       > Linkspartei-Fraktionschef Gysi fordert, dass Deutschland Waffen an PKK,
       > Peschmerga und den Irak exportiert. Nur so könne der Terror von IS
       > gestoppt werden.
       
   IMG Bild: Mit Protestbriefen wird man IS nicht stoppen, glaubt Gregor Gysi
       
       taz: Herr Gysi, tut Deutschland genug, um Jesiden und irakische Christen
       vor der Terrorgruppe IS zu retten? 
       
       Gregor Gysi: Wir sollten uns an den Hilfslieferungen noch umfangreicher
       beteiligen. Außerdem müssen die Nato und Deutschland dafür sorgen, dass die
       Kräfte im Irak und Kurdistan in der Lage sind, IS zu stoppen.
       
       Das heißt konkret? 
       
       Eigentlich bin ich strikt gegen deutsche Waffenexporte. Da aber Deutschland
       ein wichtiges Waffenexportland ist, könnte in diesem Ausnahmefall ein
       Waffenexport dorthin dann statthaft sein, wenn andere Länder dazu nicht
       unverzüglich in der Lage sind. Mit Protestbriefen wird man IS nicht
       stoppen.
       
       In Deutschland ist der Export von Waffen in Spannungsgebiete verboten.
       Darüber wollen Sie sich einfach hinwegsetzen? 
       
       Das ist kein Verbot, sondern eine Richtlinie, an die sich die
       Bundesregierungen bedauerlicherweise selten halten. Deutschland liefert
       Waffen nach Nahost. Und nach Saudi-Arabien, das mit deutschen Waffen in
       einem Nachbarland einmarschiert ist.
       
       Und jetzt, nach Ihrem Willen, nach Kurdistan? 
       
       In dieser Notsituation ist das erforderlich, um größeres Unheil zu
       verhindern.
       
       Die PKK gilt in der EU als terroristische Organisation … 
       
       Dann muss die EU dies eben ändern. Die Peschmerga und auch die PKK haben
       den Korridor für die zivilen jesidischen Flüchtlinge gesichert, die vor IS
       fliehen. Deshalb müssen wir uns die PKK nicht schönreden. Sie ist aber
       keine völkermordende Terrorgruppe wie IS. Das ist doch ein wesentlicher
       Unterschied. Und: Was bleibt uns sonst übrig?
       
       Wenn der Westen PKK und Peschmerga aufrüstet, droht mittelfristig eine
       Eskalation mit der Türkei und Irak … 
       
       Das kann zu Instabilitäten führen. Aber das müssen wir riskieren. Ich halte
       einen kurdischen Staat für eine Möglichkeit, die langfristig für mehr
       Stabilität sorgen kann. Die Juden haben erst international einen Schutz,
       seitdem es Israel gibt.
       
       Die Bombardierungen durch die USA behindern den IS-Vormarsch. Ist dieser
       Militäreinsatz richtig? 
       
       Nein. Erstens: Mit dem Krieg der USA gegen den Irak 2003 ist etwas
       angerichtet worden, wofür wir heute noch teuer bezahlen. Ohne George W.
       Bush gäbe es den IS-Terror nicht.
       
       Aber die Bombardierungen jetzt haben doch das gleiche Ziel, das
       Waffenexporte an Kurden hätten: Isis zu stoppen … 
       
       Das stimmt. Aber die US-Regierung wird diesen Einsatz nutzen, um künftige
       militärische Schläge zu legitimieren. In Libyen haben die USA gegen den
       Willen der dortigen Regierung bombardiert. China und Russland haben
       Militäreinsätzen gegen Gaddafi anfangs zugestimmt – dann wurde das Mandat
       für die Einsätze immer mehr ausgeweitet. Ich bin zutiefst misstrauisch
       gegen US-Militäreinsätze.
       
       Sie sind gegen Luftschläge gegen IS, nur weil es US-Bomben sind? 
       
       Ich sehe den Nutzen durchaus. Aber: Die USA als Weltpolizist, der immer
       seine eigenen Interessen vertritt, das kann nicht die Lösung sein.
       
       Was kann Deutschland tun? 
       
       Wir müssen mit der türkischen Regierung ernsthaft darüber reden, warum Isis
       türkisches Gebiet nutzen darf. Erdogan reagiert so phobisch auf Syrien,
       dass er sogar Terroristen auf seinem Boden duldet. Dagegen muss etwas
       unternommen werden.
       
       Nämlich? 
       
       Wenn das nicht hilft, müssen wir drohen, die Bundeswehrraketen an der
       türkisch-syrischen Grenze zurückzuziehen, die ich ohnehin für falsch halte.
       
       Ulla Jelpke hält „möglicherweise militärische Aktionen“ für nötig … 
       
       Damit meint sie wie ich irakische und kurdische Verbände.
       
       Ein kühner Satz für eine Antikriegspartei … 
       
       Ja, das ist kühn. Aber: Wir haben nie das Recht auf Landesverteidigung
       bestritten. Auch die Bundeswehr soll Deutschland verteidigen, falls es
       angegriffen wird. In Syrien, Irak und den kurdischen Gebieten haben wir es
       mit einem Angriffskrieg der Isis-Armee zu tun, der zurückgedrängt werden
       darf und muss.
       
       11 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
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