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       # taz.de -- Wirtschaftskooperation Russland-USA: Öl kennt keine Ukraine-Krise
       
       > Der US-Konzern ExxonMobil arbeitet weiter mit der russischen Staatsfirma
       > Rosneft zusammen. Man will in der Aktis bohren. Putin gibt den
       > Startschuss.
       
   IMG Bild: Erinnerungen an die Katastrophe der „Exxon Valdez“ werden wach.
       
       OSLO taz | Sanktionen? Welche Sanktionen? Wladimir Putin ließ es sich nicht
       nehmen, am Samstag per Videolink persönlich den Startschuss zu einem
       Projekt zu geben, das zeigt, wie unbeirrt die US-Energiekonzerne auch nach
       den Sanktionsbeschlüssen ihre Geschäfte mit Russland fortsetzen. Der
       russische Präsident zeigte sich „erfreut“ darüber, dass die Wirtschaft
       trotz „gewisser politischer Schwierigkeiten Pragmatismus und gesunden
       Menschenverstand walten“ lasse.
       
       Umweltschützer würden den Begriff „gesunder Menschenverstand“ im
       Zusammenhang mit „Universitetskaja-1“, dem nun begonnenen Bohrloch, für
       fehl am Platze halten. Die damit in Gang gekommene Ölexploration in der
       Karasee ist die bislang nördlichste in russischen Arktisgewässern. Es
       handelt sich um ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem russischen
       Staatsunternehmen Rosneft und dem größten US-Energiekonzern ExxonMobil.
       
       Die Eisverhältnisse seien dort äußerst schwierig, gab Rosneft-Vize Andrei
       Schischkin vor einigen Monaten bei einer Konferenz in Norwegen zu: Noch nie
       habe man unter so extremen Bedingungen nach Öl gebohrt. Für die
       Bohrarbeiten angeheuert wurde die Plattform „West Alpha“, die einer
       Gesellschaft des norwegischen Reeders John Fredriksen gehört. Schon im
       Frühjahr hatte Greenpeace gegen die 27 Jahre alte Bohrplattform Aktionen
       durchgeführt, als diese auf einer Werft in Norwegen auf ihren Einsatz
       vorbereitet worden war.
       
       Ausgesucht hatten sich die UmweltschützerInnen dafür den 25. Jahrestag der
       „Exxon Valdez“-Katastrophe in Alaska. Es sei traurig, dass der gleiche
       Ölkonzern erneut ein „unverantwortliches Risiko eingehen will“, sagte der
       norwegische Greenpeace-Vorsitzende Truls Gulowsen. Für ihn handelt es sich
       um die „problematischste Ölbohrung der Welt“. ExxonMobil in Norwegen hält
       das Risiko für beherrschbar. Man wolle in einem „Zeitfenster“ von 50 bis 70
       Tagen arbeiten, in dem mit relativ geringen Eisgefahren zu rechnen sei.
       Derzeit sei das Gebiet fast frei von Eisbergen.
       
       ## Große Pläne
       
       „Universitetskaja-1“ ist das erste von rund 40 Offshore-Bohrlöchern, die
       Rosneft mit ExxonMobil und auch mit BP bis 2018 in der Karasee geplant hat.
       James Henderson vom Oxford Institute For Energy Studies spricht vom
       „vermutlich interessantesten Vorkommen der globalen Ölwirtschaft auf viele
       Jahre hinaus“. Rosneft selbst hofft auf ein Ölvorkommen von 13 Milliarden
       Tonnen. Zum Vergleich: 2013 belief sich die weltweite Ölförderung auf 3,8
       Milliarden Tonnen.
       
       Und die Wirtschaftssanktionen? Sie könnten tatsächlich Auswirkungen auf die
       Arbeiten haben: Nämlich auf die westliche Besatzung an Bord der „West
       Alpha“, die aufgrund des russischen Embargos nun womöglich auf einige ihrer
       gewohnten Lebensmittel verzichten muss – sollten sich keine „speziellen“
       Kanäle finden.
       
       Ansonsten treffen die von USA und EU gegen die russische Ölwirtschaft
       verhängten Sanktionen ja ausdrücklich bereits eingegangene
       Gemeinschaftsprojekte nicht. Auch das Verbot der Nichtlieferung von
       Technologie für die russische Ölförderung in der Arktis konnte Rosneft
       umgehen, indem man laut norwegischen Medien in den letzten Stunden vor
       Inkrafttreten der Sanktionen mehrere milliardenschwere Abkommen über Bohr-
       und Versorgungseinrichtungen abschloss.
       
       Unabhängig von den Sanktionen hält Greenpeace-Mann Gustavo Ampugnani „West
       Alpha“ derzeit für „die weltweit kontroverseste Ölplattform“. Denn: „Das
       Bohren in der ökologisch sensitiven Arktis ist nichts anderes als ein
       Skandal.“
       
       10 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reinhard Wolff
       
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