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       # taz.de -- Cap Anamur feiert 35. Geburtstag: „Katastrophale EU-Flüchtlingspolitik“
       
       > Bei der Veranstaltugn der Hilfsorganisation Cap Anamur hat Mitgründer
       > Rupert Neudeck die EU kritisiert – und die italienische Marine für den
       > Nobelpreis vorgeschlagen.
       
   IMG Bild: Nobelpreiswürdig? Italienische Marinesoldaten auf der „San Giorgio“.
       
       HAMBURG dpa | Rupert Neudeck (75), Mitgründer und Gesicht der
       Hilfsorganisation Cap Anamur, hat die EU-Flüchtlingspolitik als
       „katastrophal“ kritisiert. Die Länder in Nord- und Mitteleuropa müssten
       mehr Flüchtlinge aufnehmen, um Mittelmeerstaaten wie Italien, Spanien oder
       Malta zu entlasten, sagte Neudeck am Samstag in Hamburg.
       
       Gleichzeitig sprach er dem italienischen Küstenschutz ein Lob für seine
       humanitäre Hilfe aus: „Die italienische Marine hat 73.000 Flüchtlinge aus
       Seenot gerettet. Statt über Italien zu schimpfen, würde ich der
       italienischen Marine für ihre Operation Mare Nostrum den Friedensnobelpreis
       verleihen“, sagte Neudeck.
       
       Auf einer Veranstaltung mit den ehemaligen Bundesvorsitzenden von SPD und
       FDP, Franz Müntefering und Philipp Rösler, feierte die Initiative in der
       Hansestadt am Samstag ihr 35-jähriges Bestehen. Die „Cap Anamur“, das
       namensgebende Frachterschiff, war am 9. August 1979 im japanischen Kobe
       ausgelaufen. Etwa zweieinhalb Monate später fischte die Crew die ersten
       Menschen von „Nussschalen“ aus dem Meer – es waren die ersten 170 von rund
       11.000 vietnamesischen Flüchtlingen, die die Mannschaft zwischen 1979 und
       1986 aus dem Südchinesischen Meer barg.
       
       „Sie haben sich in Fischer- und Flussbooten wie Lemminge in die See
       geworfen“, erinnerte sich Neudeck an die erste Rettungsaktion, „vier Tage
       und vier Nächte waren sie unterwegs, wie in einer Sardinendose
       eingeklemmt.“
       
       Viele Flüchtlinge fand Neudeck auch später in meist schlechtem körperlichen
       Zustand vor: Oft waren ihre Muskeln derart erschlafft, dass sie eine
       Strickleiter nicht mehr hätten hochklettern können. Die „Cap Anamur“ hievte
       sie deshalb mit einem Kran, an dem eine Plattform angebracht war, ans
       rettende Deck.
       
       Auf dem umgebauten Frachter kamen bis zu 600 Menschen unter, die
       Schwimmwesten dienten den Geretteten als Kopfkissen. Unter Deck war eine
       große Küche eingerichtet, ebenso ein kleines Hospital mit mehreren Ärzten
       und Krankenschwestern. Auf der Fahrt nach Europa brachten die Mediziner den
       Flüchtlingen die ersten Worte auf Deutsch bei. Auch Kinder wurden auf hoher
       See geboren – eines von ihnen sei „Anamur“ getauft worden, sagte Neudeck.
       
       Inzwischen agiert die Rettungsinitiative weltweit: In 59 Ländern waren die
       Teams mit mehr als 1000 Mitarbeitern bislang im Einsatz – aktuell in
       Krisenregionen des Nahen Ostens, Nordkorea oder Zentral- und Westafrika.
       
       9 Aug 2014
       
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