URI: 
       # taz.de -- Die Wahrheit: Auf dem Spatzenfriedhof
       
       > Der Sperling gilt nicht als besonders rätselhaftes Tier. Trotzdem weiß
       > niemand, wohin sich die Spatzen zum Sterben zurückziehen.
       
   IMG Bild: Lassen sich auch vom Wind nicht stören: zwei Spatzen in Berlin.
       
       Was macht ein 20 Kilo schwerer Spatz, der auf dem Baum sitzt?
       PIIIEEEEEEEP!!! Ha. Recherchiere nämlich gerade Spatzen: In Deutschland
       gibt es circa zehn Millionen Haussperling-Brutpaare, das ergibt 20
       Millionen Vögelchen. Mit ungefähr 280 Vögeln pro Quadratkilometer ist die
       Spatzendichte dabei in Berlin am höchsten. Aber wohin flattern die
       Spätzchen eigentlich zum Sterben? Spatzen werden in der Regel zwei Jahre
       alt, Stadtspatzen erreichen ein höheres Alter als Landspatzen, und der
       Methusalem unter den Spatzen war einst ein gefangener Vogel, der
       tatsächlich 23 Jahre alt wurde, bis er am Ende graugefiedert und mit
       zitterndem Tschilp-tschilp ins Gras pickte.
       
       Wieso sieht man also in der Hauptstadt nirgendwo tote Spatzen? Auf
       plattgefahrene Mäuse tritt man alle Nase lang, und Tierfriedhöfe für Köter
       und Miezen gibt es genug. Aber der Berliner Spatzenfriedhof scheint
       mindestens ein genauso gut gehütetes Geheimnis zu sein wie der
       Elefantenfriedhof, nach dem bei „Tarzan“ immer illegale Elfenbeinhändler
       suchen. In „Tarzans Vergeltung“ schießt der miese Elfenbeinhändler
       Arlington sogar frech Tarzans Elefanten an, um dem verwundeten Dickhäuter
       auf den sagenumwobenen Gottesacker zu folgen. Aber das mit dem Verfolgen
       nimmt sich bei einem geflügelten Tier doch schwerer aus als erwartet, zudem
       sind meine Luftgewehrschießkünste nicht mal Jahrmarktniveau.
       
       Der Versuch, mich mit diesen kleinen Vogelstimmen zu verständigen, die man
       an den Gaumen kleben und tüchtig durchspeicheln muss, hat bislang auch zu
       nichts geführt. Was unter anderem daran liegt, dass Vögel sich durch ihre
       Sprache (also Tschilpen oder Singen) nicht im menschlichen Sinne
       austauschen, also keinen Smalltalk à la „Wie geht’s dir? Was machen die
       Eier?“ – „Ach, hör auf, mein rechter Flügel tut weh“ halten, sondern sich
       größtenteils Warnsignale zurufen: „Achtung Katze!“ oder: „Kurzsichtige
       Journalistin mit Luftgewehr!“ Aus Roberto Rossellinis lehrreichen Film über
       den Vogelprediger Franz von Assisi weiß ich zudem, dass Vögel die wichtigen
       Dinge ohnehin nonverbal, nämlich komplett körpersprachlich weitergeben: Ihr
       von uns Nicht-Vögeln als lustiges, etwas ungelenkes Herumhüpfen auf dem
       Boden missinterpretiertes Bewegungsspektrum ist in Wahrheit ein
       ausgeklügeltes Kommunikationssystem. Wenn das Üben dieser nonverbalen
       Sprache nicht so bekloppt aussehen würde, hätte ich sie längst
       entschlüsselt.
       
       Es gibt andererseits keinen wirklichen Grund, nicht auch in die andere
       Richtung zu denken: Etwas mehr Einsatzbereitschaft vonseiten der Tiere ist
       gefragt. Als Vorbild könnten dabei etwa die neuen „Planet der
       Affen“-Verfilmungen dienen, in denen die Affen die Menschensprache
       rudimentär beherrschen (NEIN!!!! Mensch lügt!! Vertrauen!), oder das von
       mir höchstselbst beobachtete Phänomen des animalischen Nachahmens jenes
       inflationär eingesetzten Samsung-Pfeifen-Klingeltons: In 100 Jahren, das
       prophezeie ich hier und heute, werden sämtliche Stadtspatzen den
       Samsungklingelton pfeifen.
       
       10 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jenni Zylka
       
       ## TAGS
       
   DIR Vögel
   DIR Vögel
   DIR Monaco
   DIR Finnland
   DIR Familie
   DIR Tod
   DIR Ikea
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kolumne Behelfsetikett: Engel sind auch nur Menschen
       
       Von Vögeln und anderen Himmelserscheinungen: Ein windiger Samstag in
       Berlin.
       
   DIR Die Wahrheit: Monacos Krönchen und Kanönchen
       
       Alle Welt wartet gespannt auf die Geburt der monegassischen Zwillinge. Aber
       was passiert dann? Und wer wird Erster?
       
   DIR Die Wahrheit: Die Scheinfinnin
       
       Die Finnenwoche der Wahrheit: Über die Entlarvung einer pseudo-finnischen
       Putzkraft.
       
   DIR Die Wahrheit: Erbe des Urlaubs
       
       Eine Woche Ostsee mit Kindern und Oma: Es war wie im Frauenknast, nur ohne
       interessante lesbische Erfahrungen.
       
   DIR Die Wahrheit: Letzte Worte
       
       Man will ja nicht unbedingt mit den letzten Worten „Nicht mal ein
       interessanter Eigengeschmack!“ abtreten. Andere Sprüche eignen sich besser.
       
   DIR Die Wahrheit: Loculamentum Expedialis Eclipsis
       
       Beim Zaubern führt nur das stete Üben zum Erfolg. Bannsprüche helfen gegen
       Mobiliar eines großen schwedischen Möbelkonzern nicht.
       
   DIR Die Wahrheit: Im Superheldenuniversum ...
       
       ... geht es nicht immer gerecht zu: als Superschnelle muss man andauernd
       abends schnell noch einkaufen, bevor der Supermarkt schließt.