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       # taz.de -- China will deutsche Autobauer bestrafen: Audi und Daimler in der Defensive
       
       > Chinas Kartellwächter kündigen Strafen für Audi und Daimler wegen
       > „monopolistischen Verhaltens“ an. Dahinter könnte politisches Kalkül
       > stecken.
       
   IMG Bild: Audi drohen unangenehme Zeiten in China.
       
       PEKING taz | Für die deutschen Autobauer herrschten in China in den
       vergangenen Jahren geradezu paradiesische Zustände. Jährlich zweistellige
       Wachstumsraten, eine vergleichsweise junge Käuferschicht, die äußerst
       markenbewusst und technikbegeistert ist. Nicht zuletzt die hohen
       Gewinnmargen haben den Konzernen aus dem Westen traumhafte Bedingungen auf
       dem inzwischen weltgrößten Automarkt beschert.
       
       Doch damit könnte es nun vorbei sein. Chinas Kartellwächter kündigten am
       Dienstag an, dass sie die Volkswagen-Tochter Audi und den US-amerikanischen
       Autobauer Chrysler wegen „monopolistischen Verhaltens“ zu einer Strafe
       verdonnern wollen. „Der Monopolverdacht hat sich bestätigt“, sagte ein
       Sprecher der Entwicklungs- und Reformkommission (NDRC). Die NDRC ist eine
       mächtige Behörde, die unter anderem für die Preisgestaltung im Land
       zuständig ist. Zum Umfang der Strafe äußerte sich der Sprecher nicht. Die
       Ermittlungen seien noch nicht vollständig abgeschlossen.
       
       Damit weitet die NDRC ihr Vorgehen gegen ausländische Autobauer aus.
       Bereits am Montag war es in der Niederlassung des Daimler-Konzerns in
       Schanghai zu einer Razzia gekommen. Die Beamten horchten chinesischen
       Medienberichten zufolge Mitarbeiter aus und beschlagnahmten Computer. Ein
       Daimler-Sprecher bestätigte am Dienstag die Ermittlungen.
       
       Die chinesischen Kartellwächter berufen sich bei ihrem Vorgehen auf eine
       Verordnung, die die NDRC bereits 2008 erteilt hat. Schon damals warf sie
       ausländischen Autobauern vor, diese würden Kunden mit zu hohen Wartungs-
       und Reparaturpreisen über den Tisch ziehen. Doch Maßnahmen ergriffen sie
       nicht. Erst in den vergangenen Monaten verschärfte sich der Ton. Die
       deutschen Konzerne haben inzwischen reagiert. Audi, Chinas Branchenführer
       im Premiensegment, bietet seit dem 1. August Ersatzteile bis zu 38 Prozent
       günstiger an. Audi habe die geforderte Preisanpassung „proaktiv
       vorgenommen“, teilte das Unternehmen mit.
       
       ## Gewinnmargen bei 20 Prozent
       
       Daimler hatte bereits Anfang Juli die Preise für bestimmte Dienstleistungen
       im Nachverkauf um bis zu 20 Prozent gesenkt und zog am vergangenen
       Wochenende erneut nach. Der Stuttgarter Konzern will zum 1. September die
       Preise von mehr als 10.000 Ersatzteilen um durchschnittlich 15 Prozent
       senken, bei Frontscheiben sollen die Preise um 29 Prozent fallen. Analysten
       schätzen, dass allein die Gewinnmargen von Daimler in China bei 20 Prozent
       pro verkauftem Wagen liegen. In Nordamerika und Europa sind angeblich
       allenfalls zehn Prozent drin. Der Verkauf von Ersatzteilen verspreche gar
       Margen von bis zu 40 Prozent.
       
       Trotzdem brummt der Absatz deutscher Luxusautos in China. Wie der
       chinesische Branchenverband CAAM erst vor Kurzem mitteilte, machen Autos
       von Audi, Porsche, Mercedes und BMW inzwischen rund 80 Prozent aller
       verkauften Oberklasse-Neuwagen aus. Dass die NDRC ausgerechnet nun gegen
       die deutschen Luxushersteller vorgeht und nicht schon als zu dem Zeitpunkt,
       als das Gesetz vor sechs Jahren in Kraft trat, erweckt allerdings den
       Eindruck, dass sie politische Ziele verfolgt, um heimischen Hersteller zu
       unterstützen.
       
       Chinas Führung bestreitet das. Und auch Audi erhebt diese Vorwürfe nicht.
       Zumindest nicht offiziell. Vielmehr ist der Branchenprimus in China um
       leise Töne bemüht: Unter anderem „Lokalisierungsmaßnahmen“ ermöglichten es,
       die Preise für Teile in China anzupassen, heißt es. Audi könne damit
       Kostenvorteile an seine Kunden weitergeben. Verscherzen will es sich die
       VW-Tochter mit der chinesischen Führung offenbar nicht.
       
       6 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Lee
       
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