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       # taz.de -- Bundesamt will strengere Regeln: Zurück auf den Balkan
       
       > Migrationsbundesamt fordert, Asylbewerbung vom Balkan schneller
       > auszuweisen. Erst so könne man sich um die kümmern, die Schutz dringender
       > brauchen.
       
   IMG Bild: Zwar leben viele Roma auf dem Balkan in Slums, trotzdem sei es dort sicher, behauptet das Bundesamt für Migration
       
       NÜRNBERG/BERLIN dpa | Für Asylbewerber aus den Balkanstaaten sollten aus
       Sicht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge noch strengere Regeln
       herrschen als geplant. „Bei den sicheren Herkunftsländern sollten wir noch
       mehr machen“, sagte Bundesamts-Chef Manfred Schmidt. „Wir brauchen als
       Signalwirkung für abgelehnte Anträge aus den sicheren Herkunftsländern eine
       Wiedereinreisesperre im Pass für das gesamte Schengen-Gebiet.“ Außerdem
       müsse darüber nachgedacht werden, die Sozialleistungen für Asylbewerber aus
       sicheren Herkunftsländern zu verringern. „Der Anreiz, mehrere Monate in
       unserem Asylsystem zu bleiben wird natürlich geringer, wenn die finanzielle
       Leistung geringer wird.“
       
       Schmidt sprach sich zudem dafür aus, neben den bisher geplanten Ländern
       Serbien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina auch Albanien und Montenegro
       als „sichere Herkunftsländer“ zu definieren. Bei den Asylbewerbern aus
       Albanien zeige sich in diesem Jahr eine „explosionshafte Steigerung“ um
       etwa 1200 Prozent.
       
       Die Bundesregierung will die Staaten als sicher einstufen, um Asylbewerber
       von dort schneller in ihre Heimat zurückschicken zu können. Die Zahl der
       Asylsuchenden aus den drei Ländern ist seit der Aufhebung ihrer
       Visumpflicht vor wenigen Jahren deutlich gestiegen. Die große Mehrheit der
       Anträge wurde jedoch als unbegründet abgelehnt. Auch das
       Bundesinnenministerium wollte Albanien und Montenegro in die Liste
       aufnehmen. Das stieß jedoch auf Widerstand beim Koalitionspartner SPD.
       
       Die Regierung argumentiert, in den drei Balkanländern gebe es keine
       Verfolgung, Folter, willkürliche Gewalt oder erniedrigende Behandlung.
       Flüchtlingsorganisationen sehen das anders: Roma und Homosexuelle würden in
       diesen Ländern diskriminiert und verfolgt.
       
       Niemand streite die Diskriminierung etwa von Sinti und Roma ab, sagte
       Schmidt. Doch es sei nicht die Diskriminierung, die die Menschen aus diesen
       Ländern nach Deutschland treibe. „Was wir in unseren Anhörungen hören ist,
       dass die Menschen aus prekären Situationen kommen. Was wir hören ist: Wir
       haben keinen Arbeitsplatz und keine wirtschaftliche Perspektive, wir wollen
       für unsere Kinder eine bessere Schulausbildung, und wir wollen eine bessere
       medizinische Versorgung haben.“
       
       Der starke Zuzug habe im Sommer 2012 begonnen - nachdem Karlsruhe
       entschieden hatte, dass Asylbewerber mehr Leistungen bekommen müssen.
       „Dieser Zusammenhang zwischen der Leistung und dem Zuzug ist praktisch in
       der Wochenstatistik ablesbar. Im Mai 2012 hatten wir hier noch rund 500
       Antragsteller, nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum
       Asylbewerberleistungsgesetz dann im August über 2200 und im Oktober 7000.“
       
       ## Wer ist schutzbedürftig?
       
       Die hohe Zahl der Asylbewerber aus den Balkanstaaten habe jedoch zur Folge,
       „dass wir uns um die tatsächlich Schutzbedürftigen nicht schnell genug
       kümmern können“. Schmidt sagte: „Ich sehe einen Unterschied zwischen einem
       syrischen Flüchtling, der aus einer völlig anderen Situation kommt und
       einem Flüchtling aus dem Westbalkan.“ Es gehe dabei nicht um den „guten
       oder schlechten Flüchtling“. „Es ist die Frage, wem spreche ich Schutz vor
       Verfolgung aus und wem nicht.“
       
       Derzeit warteten etwa 11 000 syrische, 11 000 afghanische und 7000
       Flüchtlinge aus Eritrea noch auf eine Entscheidung des Bundesamtes. „Und da
       liegen die Schutzquoten um ein Vielfaches über denen, die wir im Moment aus
       dem Westbalkan haben.“ Nur 0,1 bis 0,2 Prozent dieser Anträge hätten in
       Deutschland Erfolg.
       
       Wenn die erhoffte Signalwirkung eintrete, „dann haben wir vielleicht 20 000
       bis 30 000 Anträge weniger“, sagte Schmidt. Österreich etwa habe Serbien
       schon als sicheres Herkunftsland benannt, und die Antragszahlen seien dort
       um 50 bis 75 Prozent zurückgegangen. Ähnliches gelte für Frankreich in
       Bezug auf Albanien.
       
       Der Bundestag hat die Gesetzespläne bereits verabschiedet. Die Zustimmung
       des Bundesrates steht noch aus. Eine Mehrheit in der Länderkammer ist
       derzeit unsicher.
       
       2 Aug 2014
       
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