# taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Der Warschauer Aufstand
> Was heißt schon scheitern? Rückblickend war die polnische Selbstbefreiung
> und damit Bewusstwerdung der Stadt erstaunlich erfolgreich.
IMG Bild: Besucher am Denkmal für den Warschauer Aufstand.
Wer Warschau hässlich findet, soll sich diesen Film ansehen. „Eine Stadt in
Ruinen“ heißt er, es ist der emotionale Schlusspunkt einer ohnehin
emotionalen Ausstellung über den Warschauer Aufstand, der am 1. August 1944
begonnen und das physische Ende einer europäischen Metropole bedeutet
hatte. Von den 1,3 Millionen Einwohnern, die zu Kriegsbeginn am 1.
September 1939 in Warschau lebten – unter ihnen 350.000 Juden – blieben am
Ende nur noch 1.000 übrig. Das ist beispiellos in der Geschichte der
europäischen Städte.
Wer hat Warschau zerstört? Waren es die Deutschen, die Himmlers Befehl mit
peinlicher Gewissenhaftigkeit befolgten, „dass Warschau restlos zerstört
wird“? War es die Rote Armee, die am rechten Weichselufer stand und der
Vernichtung zusah, ohne einzugreifen? Oder trug auch die polnische
Exilregierung Mitverantwortung, als sie der im Untergrund agierenden Armia
Krajowa, der polnischen Heimatarmee, den Befehl zum Aufstand gab, weil man
sich selbst befreien wollte von den Deutschen – und es nicht den Sowjets
überlassen wollte?
Militärisch ist der Warschauer Aufstand gescheitert – und in einer
„postheroischen Gesellschaft“ mutet das Pathos, das nun auch in der
Ausstellung auf dem Gelände der [1][Topographie des Terrors] in Berlin zu
spüren ist, befremdlich an.
Rückblickend betrachtet aber erweist sich das Motiv der Selbstbefreiung als
erstaunlich erfolgreich. Warschau wurde wiederaufgebaut, die polnische
Hauptstadt ist heute eine europäische Wirtschaftsmetropole und das
intellektuelles Zentrum einer freien, offenen Gesellschaft, in der man auch
über den Sinn und Nutzen eines Aufstands debattieren kann, der fest im
kollektiven, nationalen Gedächtnis verankert ist. Das macht Warschau und
den Warschauer Aufstand so schön.
1 Aug 2014
## LINKS
DIR [1] http://www.topographie.de/
## AUTOREN
DIR Uwe Rada
## TAGS
DIR Schwerpunkt Zweiter Weltkrieg
DIR Nazis
DIR Rote Armee
DIR Warschau
DIR Warschauer Aufstand
DIR Sylt
DIR Polen
DIR Warschauer Ghetto
DIR D-Day
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Henker als Insel-Bürgermeister: Ein kollektives Trauma
In Polen heißt Heinz Reinefarth, bis 1963 Bürgermeister auf Sylt, „Henker
von Warschau“. Deshalb wird sich die Gemeinde Westerland eine Mahntafel für
die Massaker beim Aufstand 1944 entschuldigen.
DIR Kindersoldaten im Zweiten Weltkrieg: Hitze, Dreck, Blut und Horror
Der „Kleine Aufständische“ war lange fester Bestandteil der nationalen
Erzählung in Polen. Nun regt sich Kritik am Kult um minderjährige Kämpfer.
DIR Ingelene Rodewald über die NS-Zeit: „Ich war nicht mehr stolz"
Im Sterben übergab Helmy Spethmann ihrer Nichte Ingelene Rodewald Fotos,
die sie im Warschauer Getto gemacht hatte.
DIR Kommentar Gedenken am D-Day: Gruß aus Stalingrad
Die Alliierten mögen den Zweiten Weltkrieg in der Normandie gewonnen haben.
Verloren hat Deutschland ihn in Russland, gegen die Rote Armee.