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       # taz.de -- Wandern, ein Wundermittel: Bonus-Punkte gibt es extra
       
       > Forschungsergebnisse zeigen: Wandern ist ein hervorragendes Mittel gegen
       > vielerlei körperliches Ungemach. Selbst einige Krankenkassen honorieren
       > das
       
   IMG Bild: Wanderer auf der Traumschleife Rheingold bei Hirzenach, in Rheinland-Pfalz.
       
       Gehen, wenn scheinbar nichts mehr geht. Regelmäßige Bewegung weckt die
       Lebensgeister, fördert die körperliche und geistige Gesundheit: Wandern
       schützt das Herz, reguliert den Blutfettspiegel, senkt den Blutdruck,
       kräftigt die Lunge, stärkt die Abwehrkräfte und regt den Stoffwechsel an.
       Und nicht zuletzt verbessert Wandern die Stimmungslage. Das bestätigt die
       erste vom Deutschen Wanderverband in Auftrag gegebene Studie von 2010.
       Wandern also ein Wundermittel?
       
       Auf jeden Fall ein hervorragendes Präventionsmittel, wie die Ergebnisse des
       Instituts für Leistungsdiagnostik und Gesundheitsförderung der
       Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg zeigen. Regelmäßige moderate
       Bewegung sei nicht nur wichtig für Gewicht, den Body Mass Index und
       Körperfett, sondern hat auch Effekte auf das Kreislaufsystem, das
       Wohlbefinden und die Vitalität.
       
       Damit, sagt Professor Kuno Hottentrott, Leiter der Studie, sei
       wissenschaftlich belegt, dass durch Wandern die Hauptrisikofaktoren für die
       Gesundheit deutlich abnehmen und die Gesundheitsressourcen gestärkt werden.
       Wandern also auch ein Anti-Aging-Programm.
       
       Kein Wunder, dass sich heute Wanderliteratur in den Regalen drängt und auf
       Bestsellerlisten steht. Der Fernsehredakteur Manuel Andrack spiegelte mit
       seinem im Jahr 2005 erschienenen und vielbesprochenen Buch „Du musst gehen“
       das neue Selbstverständnis des Wanderns. Das als Seniorensport
       abgestempelte Gehen in der Natur ist längst auch bei Jüngeren beliebt.
       Gesundheit für die Älteren, Stressentlastung für die Jüngeren.
       
       Zu einem richtigen Trendsport wurde es jedoch mit dem Bestseller des
       Entertainers Hape Kerkeling,„Ich bin dann mal weg“. Das Buch des Witzboldes
       -auf Sinnsuche auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela - hielt sich
       dank insgesamt zwei Millionen verkaufter Exemplare zwei Jahre lang auf dem
       ersten Platz der Bestsellerliste. Kerkeling machte sich, so lässt er seine
       Leser wissen, nach gesundheitlichen Problemen, jahrelangem Stress und
       beruflicher Überforderung auf den Weg.
       
       Viele Krankenkassen erkennen das Deutsche Wanderabzeichen mittlerweile in
       ihren Bonusprogrammen als Beitrag zur Gesundheitsvorsorge an. Die
       Versicherten können sich über Geldprämien bis zu 75 Euro oder attraktive
       Sachprämien freuen.
       
       ## Pluspunkte für Wanderabzeichen
       
       „Über vierzig Millionen Versicherte in Deutschland können mit dem Deutschen
       Wanderabzeichen in den Bonusprogrammen ihrer Krankenkasse punkten“, sagt
       Hans-Ulrich Rauchfuß, Präsident des Deutschen Wanderverbandes. „Damit
       bestätigen die Kassen, was wissenschaftliche Studien belegen: regelmäßiges
       Wandern als eine Form moderater Bewegung fördert die Gesundheit.“
       
       Wer das Wanderabzeichen erwerben möchte, besorgt sich bei einem
       Mitgliedsverein des Deutschen Wanderverbandes den Wander-Fitness-Pass.
       Darin wird die Teilnahme an geführten Wanderungen und verwandten
       Aktivitäten wie etwa Radwandern eingetragen.
       
       Der Verband hat früh auf die positiven Effekte des Wanderns gesetzt. Mit
       dem Fachbereich Physiotherapie der Fachhochschule Osnabrück entwickelte der
       Wanderverband in den vergangenen Jahren das Gesundheitswandern.
       Mittlerweile bieten 400 zertifizierte Gesundheitswanderführer Touren an.
       Die Teilnehmer laufen gemeinsam eine bestimmte Route und machen
       zwischendurch Koordinations- und Entspannungsübungen. Das
       Gesundheitswandern verbessert Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit.
       
       ## Stressabbau und Lebensgefühl
       
       Die neueste Studie (2014) „Evaluation des Gesundheitswanderns“, ebenfalls
       vom Institut für Leistungsdiagnostik und Gesundheitsförderung (ILUG) an der
       Uni Halle-Wittenberg, fragt nach, was das Gesundheitswandern den Menschen
       bringt. Die Ergebnisse: Über 60 Prozent der Befragten fühlen sich weniger
       gestresst, seit sie Gesundheitswanderungen machen, und 73 Prozent haben
       dadurch ein positiveres Lebensgefühl.
       
       Ebenfalls jeweils über die Hälfte der Befragten fühlt sich leistungsfähiger
       im Beruf und im Alltag (52 Prozent) und hat ein besseres Körper oder
       Selbstwertgefühl (58 Prozent). Jeweils knapp die Hälfte der Befragten
       berichtete über einen größeren Freundes und Bekanntenkreis (46 Prozent),
       einen besseren Schlaf (45 Prozent) und weniger gesundheitliche Probleme (49
       Prozent) durch das Gesundheitswandern. „Ferner bewegen sich 66 Prozent der
       Teilnehmer im Alltag regelmäßig, seit sie Gesundheitswanderungen machen,
       und 53 Prozent achten stärker auf eine gesunde Ernährung“, betont
       Hottentrott den nachhaltigen Effekt.
       
       „Wandern zeigt aber nur über die Dauer Effekte“, sagt Professor Klaus
       Völker, der Leiter des Sportmedizinischen Instituts der Uni Münster. „Die
       meisten wandern aber nur sporadisch.“ Mindestens zwei Einheiten pro Woche à
       30 bis 45 Minuten seien nötig, um einen Nutzen für die Gesundheit zu
       bringen. Doch das beherzigen viele Wanderfreunde nicht: Nach einer Studie
       des Wanderverbandes wandern zwar fast 40 Millionen Bundesbürger
       verschiedenster Altersgruppen gern, das ist mindestens jeder Zweite ab 16
       Jahren. Aber nur Wanderer ab 60 Jahren sind mehrmals im Monat unterwegs.
       
       ## Forciertes Gehen
       
       Völker appelliert daher, sich für die „domestizierte Variante“ des Wanderns
       zu entscheiden: Walking. Das beschreibt er als „forciertes Gehen“ in
       kleiner, aber regelmäßiger Dosis. „Alle drei bis vier Wochen kann man dann
       eine richtige Wanderung in sein Trainingsprogramm integrieren“, sagt Völker
       
       Ähnlich sieht das Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule
       in Köln. Ein flotter Spaziergang in der Stadt habe ähnliche Vorteile wie
       eine Wanderung. Denn wichtig sei die Bewegung als solche - und dafür muss
       niemand bis zum nächsten Urlaub in den Alpen warten. So weist der
       Wanderverband auch in flachen Regionen markierte Routen aus, zum Beispiel
       den 66-Seen-Rundweg um Berlin oder den Nord-Ostsee-Wanderweg von Meldorf
       nach Kiel.
       
       „Trotz möglicher Glücksgefühle beim Wandern sollten Anfänger die Belastung
       auf den Körper nicht unterschätzen. Das heißt, man muss dem Körper Zeit
       geben, sich auf die Anforderungen einzustellen“, weiß Reiner Brämer vom
       Deutschen Wanderverband. Das Fazit des als Wanderpapst bezeichneten
       Experten: „Wandern in der Natur ist wie Therapie. Natur ist der einzig
       unbestrittene Wert, den wir zurzeit haben. Die Sinnpotenzen liegen in der
       Landschaft.“
       
       2 Aug 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Edith Kresta
       
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