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       # taz.de -- Studie zu „kriminellen Ausländern“: Ewiger Mythos ohne Grundlage
       
       > Sind Jugendliche aus Einwandererfamilien besonders kriminell? Ein neues
       > Gutachten findet dafür keine Anhaltspunkte.
       
   IMG Bild: Die Polizei hat keinen Anlass, besonders auf Menschen mit Migrationshintergrund zu schauen.
       
       BERLIN taz | Jung, männlich und gewalttätig – das Bild des „kriminellen
       Ausländers“ ist schnell bedient, vor allem wenn Menschen Ali und nicht Paul
       heißen. Kaum veröffentlicht das Statistische Bundesamt Zahlen über die
       Kriminalität von jugendlichen Ausländern und Deutschen, gibt es eine
       vorhersehbare Reaktion: Konservative warnen vor importierter Gewalt und
       fordern eine restriktivere Einwanderungspolitik. Dabei wird meist alles in
       einen Topf geworfen: Ausländer mit ausländischem Wohnsitz, Flüchtlinge,
       zugewanderte Spätaussiedler, Deutsche mit Migrationshintergrund.
       Differenzierung? Fehlanzeige.
       
       Die Zahlen, sind sie einmal in der Welt, sitzen tief in den Köpfen, wie
       eine Umfrage von 2006 belegt. 45 Prozent der Befragten glauben demnach,
       dass Menschen ausländischer Herkunft strafanfälliger sind als jene ohne
       Migrationshintergrund.
       
       Nur: Diese verbreitete Annahme lässt sich gar nicht belegen. Zu diesem
       Schluss kommt ein am Mittwoch veröffentlichtes Gutachten des
       Kriminalwissenschaftlers Christian Walburg von der Universität Münster.
       Auftraggeber war der „Mediendienst Integration“, ein Rechercheverbund für
       Migrationsthemen. Walburg wertete in seinem Papier mit dem Titel „Migration
       und Jugenddelinquenz – Mythen und Zusammenhänge“ offizielle Zahlen aus,
       fasste Erkenntnisse mehrerer Studien zusammen – und räumt mit Vorurteilen
       auf.
       
       ## Keine wesentlichen Unterschiede
       
       Ein zentraler Punkt: In offiziellen Kriminalitätsstatistiken wird meist nur
       zwischen deutschen und ausländischen Staatsangehörigen unterschieden. Diese
       Zahlen sagen also wenig über das Kriminalitätsverhalten von Deutschen mit
       Migrationshintergrund aus. Walburg warnt vor Pauschalurteilen: „Denn kaum
       etwas ist so sehr geeignet, andere abzuwerten, wie die Kategorisierung als
       ’Kriminelle‘“.
       
       Für das Gutachten wurden auch sogenannte „Dunkelfelddaten“, also
       Befragungsstudien, mit berücksichtigt. Auch hier zeigt die Auswertung:
       Generelle Unterschiede im Kriminalitätsverhalten von Menschen mit und ohne
       Migrationshintergund lassen sich nicht belegen. Aber sie unterscheiden sich
       in Deliktbereichen. Kaum Unterschiede gibt es bei Kleinkriminalität wie
       Sachbeschädigungen und Diebstahl. Gewaltdelikte räumen Jugendliche mit
       Migrationshintergrund jedoch häufiger ein. Auch werden sie häufiger in
       Intensivtäterprogrammen erfasst.
       
       Neuere Studien weisen jedoch darauf hin, dass die Unterschiede mit den
       Generationen nahezu verschwinden. Dabei zeigt sich vor allem: Mehr Bildung
       heißt meist auch weniger Gewalt.
       
       31 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jasmin Kalarickal
       
       ## TAGS
       
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