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       # taz.de -- Antisemitische Kritik an Israel: Einige seiner besten Freunde
       
       > Spanische Film- und Kulturschaffende empören sich über Israel. Allen
       > voran der Schauspieler Javier Bardem.
       
   IMG Bild: In seinen Rollen ist Javier Bardem wunderbar exzentrisch (hier in Joel und Ethan Coens „No Country for Old Men“), doch sein politisches Gespür ist bescheiden
       
       Javier Bardem ist ein toller Schauspieler. Gleich, ob er in Ridley Scotts
       exzentrischem Thriller „The Counselor“ (2013) einen texanischen
       Drogenschmuggler gibt, ob er in Julian Schnabels „Before Night Falls“
       (2000) dem kubanischen Dichter Reinaldo Arenas eine berückende
       Körperlichkeit verleiht oder ob er sich in Woody Allens „Vicky Cristina
       Barcelona“ (2008) ungestüm in die Klischeerolle des Latin Lover stürzt,
       immer hinterlässt er bleibenden Eindruck.
       
       Doch vor wenigen Tagen hat der 45 Jahre alte Schauspieler einen offenen
       Brief verfasst (im spanischen Original findet er sich unter
       [1][www.aporrea.org/internacionales/n255169.html]), nach dessen Lektüre man
       an seinem politischen und moralischen Einschätzungsvermögen zweifelt.
       Heftig empört er sich über die israelischen Militärschläge gegen Gaza;
       seine Formulierungen sind viel zu drastisch, als dass man darin noch eine
       berechtigte Kritik an Netanjahus Politik und militärischer Taktik erkennen
       könnte.
       
       Von „Völkermord“ spricht Bardem und von einem „Krieg der Besatzung und der
       Auslöschung gegen ein Volk, dem keine Mittel zur Verfügung stehen, das in
       einem winzigen Territorium eingesperrt ist, ohne Wasser, wo Krankenhäuser,
       Rettungswagen und Kinder Zielscheiben sind“. Mit keinem Wort erwähnt er,
       welche Bedrohung von der Hamas ausgeht oder dass sie das Existenzrecht
       Israels negiert. Gegen etwaige Antisemitismusvorwürfe nimmt Bardem sich in
       Schutz, indem er erzählt, sein Kind sei in einem jüdischen Krankenhaus zur
       Welt gekommen. Und dann hat er noch eine Wendung parat, die man aus dem
       Repertoire der deutschen Exkulpationssätze nur zu gut kennt: „Ich habe enge
       Freunde, die jüdisch sind.“
       
       ## Unterstützung auf Facebook
       
       Freunde hat Bardem auch unter spanischen Kultur- und Filmschaffenden, die
       den offenen Brief mit einer Facebookpetition unterstützen
       ([2][www.facebook.com/comunicadodelaculturaporPalestina/info]). Für sie ist
       klar, von wem die Gewalt ausgeht. „Israel“, schreiben die Unterzeichner, zu
       denen Pedro Almodóvar und Penélope Cruz zählen, „ist das Land, das am
       meisten gegen UN-Resolutionen verstößt und am wenigsten die Menschenrechte
       achtet, es ist eine Besatzungsmacht, die staatsterroristische Praktiken
       verübt.“
       
       Sieht ganz so aus, als fehlte es an einer reflektierten Diskussion darüber,
       wie schnell Kritik an der Politik Israels in blanken Antisemitismus
       umschlägt. Von Filmschaffenden, die das übermächtige Erbe des spanischen
       Katholizismus so oft und so spielerisch verhohnepipelt haben, wünscht man
       sich, dass sie für die antijüdischen Anteile dieses Erbes sensibel wären.
       
       31 Jul 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.aporrea.org/internacionales/n255169.html
   DIR [2] http://www.facebook.com/comunicadodelaculturaporPalestina/info
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Cristina Nord
       
       ## TAGS
       
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