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       # taz.de -- NRW kontrolliert Branche: Paketeweise Probleme
       
       > Nordrhein-Westfalen ließ unangemeldet Paketdienste kontrollieren.
       > Ergebnis: Arbeitsschutz wird dort ignoriert. Das Land will nun eine
       > bundesweite Regelung.
       
   IMG Bild: Viel zu tun für Paketzusteller – nicht immer im Einklang mit dem Arbeitsschutz
       
       DÜSSELDORF taz | Wenn der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram
       Schneider (SPD) seine Anzüge in der Reinigung abholt, ärgert er sich über
       die Unmengen von Paketen, die dort lagern. Warum die da stehen? In der
       Paketbranche herrscht ein enormer Konkurrenzdruck, weiß der ehemalige
       DGB-Landesvorsitzende. Auch deshalb werden Pakete oft zwischengelagert. Und
       am Ende gehe der Preisdruck meist „auf Kosten der Fahrerinnen und Fahrer“.
       
       Schneider lud am Montag zur Pressekonferenz nach Düsseldorf. Zuvor hatte
       NRW unangemeldet Kontrolleure zu Paketdiensten geschickt. Schneider
       präsentierte die Ergebnisse: 85 Prozent der Anbieter hielten
       arbeitsschutzrechtliche Vorschriften nicht ein. Der Minister will nun mit
       einer bundesweiten Initiative erreichen, dass die Branchengrößen wie DHL,
       UPS oder TNT die Verantwortung dafür nicht mehr auf Subunternehmen abwälzen
       können.
       
       Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des Bundesverbands Paket- und
       Expresslogistik 3,7 Milliarden Pakete innerhalb Deutschlands transportiert.
       2014 werden es voraussichtlich 100 Millionen mehr sein. Davon profitieren
       Onlinehändler und Paketunternehmen. Für die Zusteller aber wächst der
       Druck.
       
       415 Fahrer in 22 Verteilzentren der zehn großen Paketdienste hatte der
       NRW-Arbeitsschutz im Mai kontrollieren lassen. „Die Ergebnisse bestätigen
       unsere Befürchtungen“, sagte Schneider.
       
       ## 35 Prozent der Fahrer ohne vollständige Aufzeichnungen
       
       So müssen Zusteller eigentlich nach viereinhalb Stunden mindestens eine
       Pause von 45 Minuten machen, nach neun Stunden eine längere. Sie dürfen
       einschließlich Beladungszeiten maximal 10 Stunden am Tag arbeiten. Nur: Bei
       den Kontrollen hatten 35 Prozent der Fahrer überhaupt keine oder
       unvollständige Aufzeichnungen über Arbeits- und Ruhezeiten – obwohl diese
       vorgeschrieben sind.
       
       Mehr als 60 Prozent der Unternehmen konnten die Einhaltung des
       Arbeitszeitgesetzes nicht nachweisen. Bei 64 Prozent der Paketdienste
       wurden Arbeitszeiten außerhalb des Fahrens, wie das Sortieren und Beladen,
       gar nicht erst erfasst. Die Kontrollen zeigten auch, dass die großen
       Paketdienste die Aufträge überwiegend an Subunternehmen weitergeben.
       
       Schneider will nun dafür sorgen, dass künftig die Hauptunternehmen dafür
       verantwortlich sind, dass die vorgeschriebenen Arbeitszeiten eingehalten
       werden. Heute gäben sie die Verantwortung einfach an die Subunternehmen
       weiter, sagte er. Die hätten aber kaum eine Chance, Aufträge zu bekommen,
       wenn sie, anders als die Konkurrenz, die Bestimmungen einhielten – denn
       dann würden sie teurer.
       
       Schneider würde auch gerne die großen Online-Händler in die Pflicht nehmen,
       von denen die Aufträge für Paketdienste letztendlich kommen. „Dafür haben
       wir aber keine Handhabe.“ Einfluss nehmen könne aber der Gesetzgeber auf
       die Paketbranche, und zwar über die „Fahrpersonalverordnung“. Die
       bestehende Regelung müsse dafür konkretisiert werden. „Ich gehe davon aus,
       dass diese Initiative eine breite Unterstützung durch die anderen
       Bundesländer findet.“
       
       Auch der DGB fordert, entschiedener gegen Missbrauch in der Paketbranche
       vorzugehen. Der Gesetzgeber müsse „solchen Geschäftsmodellen, die nur durch
       Umgehung von Schutzbestimmungen funktionieren, durch lückenlose
       Überprüfungen und schmerzhafte Strafen Einhalt“ gebieten, sagte die
       DGB-Vizechefin in NRW Sabine Graf.
       
       29 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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