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       # taz.de -- Der sonntaz-Streit: „Russland soll zahlen“
       
       > Iryna Solonenko ist überzeugt: Waffenlieferanten müssen für
       > Kriegsverbrechen haften. Sie sind nicht verantwortlich, entgegnet Armin
       > Nassehi.
       
   IMG Bild: Angehörige gedenken der Opfer von Flug MH17 am Flughafen Schiphol in Amsterdam.
       
       Vergangene Woche starben 298 Menschen bei einem Flugzeugabsturz in der
       Ostukraine. Es gilt inzwischen als sehr wahrscheinlich, dass das Flugzeug
       von einer womöglich aus Russland stammenden Boden-Luft-Rakete getroffen
       wurde. Die malaysische Airline muss den Hinterbliebenen pro Opfer 130.000
       Euro Entschädigung zahlen. Aber ist das gerecht? Was ist mit Russland? Oder
       dem Hersteller der Waffe? Sollen Waffenlieferanten für Kriegsverbrechen
       haften?
       
       Für Iryna Solonenko, Mitbegründerin der Initiative „Euromaidan Wache
       Berlin“, ist die Sache eindeutig: „Sollte eine unabhängige internationale
       Untersuchung herausfinden, dass Russland verantwortlich ist, dann, denke
       ich, muss es die finanziellen Konsequenzen tragen und den Schaden
       ausgleichen.“ Denn immerhin gebe es glaubwürdige Hinweise, dass Russland
       die Rebellen mit Waffen versorgt.
       
       „Wie soll eine Beweiskette funktionieren, wenn eine solche Waffe über drei
       Ecken in die Hände eines Kriegsverbrechers gerät?“, fragt sich dagegen die
       Völkerrechtlerin Karin Kneissl. Eine Haftung rechtlich durchzusetzen, würde
       das Problem des internationalen - und vor allem des illegalen -
       Waffenhandels nicht lösen.
       
       „Nicht auszudenken, was auf einer Eigentümerversammlung von Heckler & Koch
       demnächst los wäre: panisches Geschrei bei der Präsentation des neuesten
       ,Portfolios', überstürzte Massenflucht aus dem Saal, als die Liste der
       ,Neukunden' vorgestellt wird“, schreibt Philipp Ruch vom Zentrum für
       Politische Schönheit in Berlin. Waffenlieferanten sollten für
       Kriegsverbrechen haften, findet er. Dann könnten „bahrainische
       Oppositionelle deutschen Eigentümern zeitversetzt illustrieren, worauf ihr
       Wohlstand ,fußt': auf Prothesen von Menschen, deren Sehnsucht nach
       Demokratie blutig niedergewalzt wurde.“
       
       „Sich die Welt als Kausalkette vorzustellen“, ist jedoch auch keine Lösung,
       so der Münchener Soziologe Armin Nassehi. „Ein Waffenhersteller ist nicht
       direkt für Kriegsverbrechen verantwortlich, wie ein Autor nicht
       kontrollieren kann, wie er gelesen wird“. Ähnlich argumentiert auch die
       ehemalige Waffenhändlerin Eva Maria Staal. „Nur der Waffenbesitzer
       entscheidet, wie die Waffe verwendet wird.“
       
       Holger Rothbauer, Anwalt für Internationales Strafrecht, kritisiert diese
       Haltung. Für ihn sei es weder moralisch noch juristisch nachvollziehbar,
       wenn „Waffenhersteller, die ihre Schusswaffen in Bürgerkriegsländer wie
       Kolumbien oder die Ostukraine liefern, für die damit angerichteten
       Verletzungen nicht haftbar gemacht werden sollen.“
       
       Die Streitfrage in dieser Woche beantworten außerdem Paul Russmann,
       Sprecher von „Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel, Dagmar Borchers,
       Professorin für Angewandte Philosophie in Bremen sowie taz-Leser Oliver
       Siegemund in der taz am wochenende vom 26./27. Juli 2014.
       
       26 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Philipp Rhensius
       
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