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       # taz.de -- Die Wahrheit: CSI Mannem
       
       > Die angestaubten deutschen Fernsehkrimis sollen von US-Produzent Jerry
       > Bruckheimer aufgemöbelt werden. Ein CSI-Franchise ist in Produktion.
       
   IMG Bild: Mannheim, eine Stadt zwischen Melancholie und Monochromie.
       
       „Max Ballauf kann nicht einmal mit einem Erlenmeyerkolben umgehen. In
       deutschen Krimis“, sagt Fernsehproduzent Bernd Klapproth, „wird immer noch
       ermittelt wie im 20. Jahrhundert. Wie soll man da zeitgemäß einen
       Kriminalfall lösen?“ Klapproth wandte sich an den US-Erfolgsproduzenten
       Jerry Bruckheimer. „Der war eh genervt, dass seine Erzrivalen von ’Law and
       Order‘ mit ’Law and Order UK‘ ein Krimiserien-Franchise in Europa
       aufgemacht haben. Das wollte er auch.“ Der US-amerikanische Multimilliardär
       und der Kleinunternehmer aus Peine wurden schnell handelseinig: Die
       Dreharbeiten zu „CSI Mannheim“ beginnen im September.
       
       „Ich habe aus Herbert Reineckers Nachlass noch jede Menge abgelehnter
       ’Derrick‘-Drehbücher“, erklärt Klapproth. „Abgefahrenes Zeug und viel
       psychologischer als die ’CSI‘-Scripts. Aber Scripte sind eh wurscht, meint
       Jerry. Hauptsache, alle Kameras haben den von ihm patentierten
       ’Woosh‘-Zoom.“ Auch sonst folgt die Ästhetik von „CSI Mannheim“ dem
       amerikanischen Vorbild. Während „CSI Miami“ stets sonnendurchflutet gefilmt
       wird und „CSI New York“ im kühlen Blau erstrahlt, wird „CSI Mannheim“ einen
       besonders matten Look bekommen: „Jerry hat entschieden, Mannheim durch
       möglichst geringe Farbsättigung zu erzählen.“
       
       Deutsche Krimis nervten Klapproth schon länger. „Immer diese
       ’unkonventionellen Ermittler‘, die mit ihren originellen Privatwagen auf
       Verbrecherjagd gehen“, ereifert sich der TV-Producer: „Da könnte ich
       kotzen.“ Bei „CSI Mannheim“ wird es das nicht geben, alle fahren
       ordentliche Dienstwagen und sind eher konservative Staatsdiener.
       Übertreiben will Klapproth den Realismus aber nicht. „Die Frauen im Labor
       sehen überdurchschnittlich gut aus. Aber wenn man ständig zeigt, wie
       Reagenzgläser geschüttelt werden, muss das ja irgendwie attraktiv sein, von
       der Optik her.“
       
       Als „Law and Order“-Produzent Dick Wolf hörte, dass sein Erzrivale
       Bruckheimer „CSI“ an den deutschen Markt anpasst, wollte er direkt
       nachziehen. „Recht und Ordnung – Berlin“ kam aber bei seinen deutschen
       Geschäftspartnern nicht so recht an. „Eigentlich sonderbar“, sagt Wolf,
       „denn das deutsche Rechtssystem kennt ja auch zwei wichtige, voneinander
       unabhängige Behörden, die dem Schutz der Bürger dienen: die Polizei, die
       begangene Straftaten aufklärt, und die Staatsanwaltschaft, die die Täter
       anklagt.“ Zunächst dachte Wolf, dass den Deutschen der Titel „Recht und
       Ordnung“ nicht gefiel, weil sie „dieses preußische Image loswerden wollen“.
       Dann stellte er aber fest, dass RTL 2 bereits Titelschutz dafür beantragt
       hatte: für eine Reality-Serie über zwei Mülldetektive aus Pankow.
       
       Klapproth selbst plant schon die nächsten Projekte: „Irgendwas mit
       Feuerwehrleuten. Oder Anwälten. Oder einem drogensüchtigen Arzt. Oder einer
       gestörten Kriminalbiologin. Oder perversen Serienmördern. Hatte ich schon
       Pathologe gesagt? Perverser Pathologe? Autistischer Feuerwehrmann! Mit
       einer posttraumatischen Störung. Oder eine Spurensicherungsexpertin mit
       postmenstruellem Syndrom. Das sind Geschichten!“
       
       25 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Gottschalk
       
       ## TAGS
       
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