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       # taz.de -- Berliner Szenen: Arsch und Kopf
       
       > Zecken nerven und sorgen für Mimimi. Gut, dass die Ärztin Zeit und viele
       > Pinzetten hat.
       
   IMG Bild: Achtung, blöde Tiere.
       
       Vielleicht musst du morgen doch mal zum Arzt, sagt S., nachdem er eine
       Viertelstunde lang mit Zeckenzange und Pinzette an mir rumgedoktert hat.
       Manno, sage ich, und: Aua.
       
       In meiner Seite, so schräglinks unter der linken Brust, ist jetzt ein
       aufgepultes, rotes Loch, und in dem Loch steckt der Kopf einer Zecke, die
       sich so sehr in mir festgebissen hat, dass S. mit der Zeckenzange nur ihren
       Arsch abreißen konnte, mit den Beinchen, die dämlich zappelten, als würde
       das was helfen. Zecken bestehen nämlich im Grunde nur aus Arsch und Kopf,
       das sagt schon viel über sie. Na ja, jedenfalls ist der Arsch ab, aber der
       Kopf ist noch in mir drin. Blöde Stelle, mit bisschen Yoga komm ich da ran,
       lasse aber lieber S. machen.
       
       Er holt Wunddesinfektionszeug aus dem Badezimmer und sprüht es auf die
       Stelle mit dem Zeckenrest. Genervtes Mimimi im Hause Stokowski. Also
       Montagmittag zur Hausärztin beziehungsweise erst mal anrufen, die
       Sprechstundenhilfe sagt „Heute nur bis zwei und nur mit ganz viel
       Wartezeit“, hmja nee, dann halt woanders.
       
       Paar Straßen weiter, Richtung Anhalter Bahnhof, die Sprechstundenhilfe
       fragt „Wie dringend isses denn?“, ich so „Na ja, in mir steckt ein
       Zeckenkopf, den hätt ich gern raus“, sie so „Kommse vorbei“, ich so „bis
       gleich“ (dann, in der Praxis, muss ich ein Formular ausfüllen, und ich
       denke die ganze Zeit darüber nach, warum es „Vor- und Nachname“ heißt oder
       „Vor- und Zuname“, denn zwischen Vor- und Nachspeise gibt es zum Beispiel
       das Hauptgericht und zwischen Vor- und Nachspiel den Sex, aber zwischen
       Vor- und Nachname ist meistens nichts oder nur ein bekloppter Zweitname,
       ist doch komisch, oder?), die Ärztin so „Ach wie doof, ja, das hatte ich
       selber auch mal“, dann piekt sie mit diversen Pinzetten in mir rum und
       zupft den Rest vom dem Kackviech aus mir raus, sagt „gut haben Sie das
       gemacht“, und ich so zu ihr: „Sie auch, danke.“
       
       24 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Margarete Stokowski
       
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