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       # taz.de -- Der sonntaz-Streit: Sollen Waffenlieferanten haften?
       
       > Malaysia Airlines muss Entschädigungen für die Opfer des
       > Flugzeugabsturzes in der Ukraine zahlen. Aber was ist mit denen, die
       > Waffen vertreiben?
       
   IMG Bild: Ein Wrackteil bei Grabowo in der Ostukraine.
       
       130.000 Euro für ein Menschenleben: Diesen Betrag sieht das Montrealer
       Übereinkommen als Entschädigung vor, wenn Personen durch ein
       Flugzeugunglück zu Tode kommen. Es wurde 1999 von den Mitgliedstaaten der
       Internationalen Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) unterzeichnet und regelt
       die Haftpflicht im zivilen Luftverkehr. Juristisch interessant ist dabei,
       dass die jeweilige Fluggesellschaft diesen Betrag in jedem Fall zu zahlen
       hat – egal, ob sie Schuld am Absturz einer Maschine trägt oder nicht.
       
       Keiner der 298 Passagiere von Flug MH17 überlebte den Absturz in der
       Ostukraine. 130.000 Euro muss Malaysia Airlines nun den Hinterbliebenen
       zahlen. Die Schuldfrage ist dabei aber keineswegs überflüssig: Sollte sich
       herausstellen, dass die Fluggesellschaft fahrlässig gehandelt hat – etwa
       bei der Wahl der Flugroute –, könnten die Hinterbliebenen weitaus höhere
       Schmerzensgeldsummen geltend machen.
       
       Die Boeing stürzte über dem Gebiet prorussischer Separatisten ab und es
       gilt mittlerweile als wahrscheinlich, dass sie von einer Boden-Luft-Rakete
       getroffen wurde. Eine mögliche Erklärung dafür: Separatisten hielten die
       Maschine möglicherweise für ein ukrainisches Militärflugzeug. Wer den
       Abschussbefehl erteilt hat, ist dabei nur eine Frage. Nicht weniger
       wichtig: Woher hatten die Separatisten ihre Waffen?
       
       Laut Informationen der US-Regierung liefert Russland Panzer und
       Raketenwerfer an die Regierungsgegner im Osten der Ukraine. Die USA machen
       die russische Regierung deshalb für die Katastrophe mitverantwortlich. Wenn
       man das beweisen könnte –  sollte Russland dann für den Absturz haften?
       
       Sollte derjenige, der Waffen herstellt, exportiert oder illegal vertreibt,
       auch den Schaden übernehmen, den sie anrichten? Und auch für Folgeschäden
       aufkommen? Wenn etwa in Bosnien-Herzegowina ein Hochwasser 120.000 Minen an
       die Ufer treibt, oder wenn in München ganze Häuserblocks durch die
       Sprengung einer Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg beschädigt werden:
       Soll der Lieferant dieser Waffen zur Verantwortung gezogen werden? Das
       Unternehmen, das sie herstellt, oder der Staat, der die Waffen exportiert,
       hat sie schließlich in die Welt gesetzt.
       
       Weiter ins Utopische gedacht: Gäbe es weniger Krieg in der Welt, wenn
       Waffenlieferanten für Kriegsverbrechen haften müssten? Staaten oder
       Rüstungshersteller würden womöglich den Handel mit Waffen einstellen, da
       sie keine Kontrolle darüber haben, wozu die Abnehmer sie gebrauchen. Und
       ihr Missbrauch brächte gravierende ökonomische Folgen für den Lieferanten
       mit sich. Versteht man Kriegsverbrechen als kausale Kette, so läge darin
       vielleicht tatsächlich die Lösung gewaltsamer Konflikte.
       
       Sollen Waffenlieferanten für Kriegsverbrechen haften? Diskutieren Sie mit!
       Die sonntaz wählt unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei
       aus und veröffentlicht sie in der taz.am wochenende vom 26./27. Juli 2014.
       Ihr Statement sollte etwa 900 Zeichen umfassen und mit dem Namen, Alter,
       einem Foto, einer kurzen Info zu Ihrer Person und der E-Mail-Adresse der
       Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns eine Mail an:
       [1][streit@taz.de].
       
       22 Jul 2014
       
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   DIR [1] /streit@taz.de
       
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   DIR Josef Wirnshofer
       
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