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       # taz.de -- Nach Flugzeugabschuss in der Ukraine: Der Druck auf Russland wächst
       
       > Schwer bewaffnete Separatisten behindern die Arbeit an der Absturzstelle
       > von Flug MH17. Der Westen droht Moskau und bereitet eine UN-Resolution
       > vor.
       
   IMG Bild: Die Untersuchung der Wrackteile von Flug MH17 werden massiv behindert.
       
       NEW YORK/DEN HAAG/KIEW dpa/rtr | Der UN-Sicherheitsrat könnte noch am
       Montag über eine Resolution zum Absturz der malaysischen Passagiermaschine
       mit 298 Menschen an Bord in der Ostukraine abstimmen. Die australische
       UN-Mission setzte nach Angaben westlicher Diplomaten am Sonntagnachmittag
       (Ortszeit) ihren Resolutionsentwurf „in blau“. Damit ist das Papier
       abstimmungsreif und könnte nach der üblichen Frist von 24 Stunden zur
       Entscheidung kommen. Weil die Russen die Resolution mit ihrem Veto
       verhindern können, ist der Ausgang allerdings völlig offen.
       
       Der australische Entwurf fordert von allen Beteiligten, insbesondere den
       prorussischen bewaffneten Separatisten, in deren Machtbereich die
       Absturzstelle liegt, eine uneingeschränkte Zusammenarbeit mit den
       internationalen Behörden. Gleichzeitig soll das Papier jede Manipulation an
       der Absturzstelle untersagen. Es fordert zudem, dass die Flugschreiber und
       andere Beweisstücke sofort auszuhändigen sind.
       
       Die Niederlande werden die internationale Identifizierung der Opfer
       koordinieren. Die Experten sollten am Montag zur Absturzstelle fahren,
       teilte der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte in Den Haag mit. Im
       ostukrainischen Charkow sollen die Niederlande ein Koordinationszentrum für
       die Identifizierung der 298 Opfer einrichten. Bei dem Absturz von Flug MH17
       kamen 193 Niederländer ums Leben. Die USA haben den Verdacht geäußert, dass
       die Aufständischen die Boeing mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen
       haben.
       
       Bis Sonntagabend wurden 251 Leichen und 86 Leichenteile geborgen.
       Unterdessen sei ein zweiter Kühlzug zur Lagerung der Toten eingetroffen,
       erklärte ein Regierungsausschuss am Montag in Kiew. Rund 200 Leichen werden
       in einem ersten Kühlzug aufbewahrt. Die ukrainische Regierung verlangt den
       Abtransport der Toten in das von ihr kontrollierte Gebiet. Der Zug stehe
       aber noch immer in der Ortschaft Tores, weil „die Terroristen seine Abfahrt
       verhindern“.
       
       Der russische Präsident Wladimir Putin sicherte den Niederlanden seine
       Unterstützung bei der Übergabe der sterblichen Überreste der Opfer des
       abgestürzten Flugzeuges sowie der Flugschreiber zu. Das sagte er Rutte am
       Sonntagabend am Telefon. Die Leichen von etwa 200 Opfern sollen in
       Kühlwagen in einem Zug bei Tores in der Ostukraine liegen.
       
       ## Sanktionen drohen
       
       Um eine bedingungslose Kooperation der Separatisten zu erzwingen, verstärkt
       die internationale Gemeinschaft den Druck auf Russland. Bundeskanzlerin
       Angela Merkel, der französische Präsident François Hollande und der
       britische Premierminister David Cameron drohten Moskau mit einer Ausweitung
       der EU-Sanktionen. Putin müsse umgehend auf die moskautreuen Rebellen
       einwirken, um den ungehinderten Zugang der Ermittler zum Absturzgebiet zu
       gewährleisten, hieß es in Paris und London.
       
       „Das ist der Augenblick der Wahrheit für Putin“, sagte auch
       US-Außenminister John Kerry am Sonntag im US-Sender CNN. Es gebe eine
       enorme Menge von Fakten, die die russische Verbindung zu den Separatisten
       belegten. Dazu gehörten die Ausbildung und die Versorgung der Rebellen mit
       Waffen, fügte er im Sender ABC hinzu. Kerry rief die Europäer in mehreren
       TV-Talkshows auf, dem Beispiel Washingtons zu folgen und ihre Sanktionen zu
       verschärfen.
       
       Die Regierung in Kiew und die prorussischen Separatisten bezichtigen sich
       gegenseitig, die Maschine abgeschossen zu haben. Seit Tagen fordern
       Politiker aus aller Welt eine rasche, umfassende und vor allem unabhängige
       Untersuchung der Absturzursache.
       
       ## Rettungskräfte werden überwacht
       
       Sollte Russland dazu nicht „unverzüglich die nötigen Maßnahmen ergreifen“,
       werde dies beim EU-Außenministerrat am Dienstag Konsequenzen haben, hieß es
       in Paris weiter. Bisher hat die EU Sanktionen gegen Einzelpersonen und
       Unternehmen verhängt, aber nicht gegen ganze russische Wirtschaftszweige.
       
       Bewaffnete Separatisten und chaotische Zustände behinderten am Wochenende
       am Absturzort eine Untersuchung der Wrackteile massiv. Bis zu 900
       Aufständische würden die Rettungskräfte nahe der Ortschaft Grabowo ständig
       überwachen und erheblich einschränken, klagte der ukrainische
       Vize-Regierungschef Wladimir Groisman am Sonntag. Die Suche nach Leichen
       und Trümmern wurde auf eine Fläche von 34 Quadratkilometer ausgeweitet.
       
       Die Waggons mit den Leichen sollen bis zum Eintreffen internationaler
       Experten in Tores bleiben. Zuvor hatte die russische Staatsagentur Ria
       Nowosti gemeldet, dass der Zug über Ilowaisk nach Donezk fahren werde. Dem
       widersprach aber Separatistenanführer Alexander Borodaj. „Wir haben nicht
       vor, die Körper vor der Ankunft der Experten irgendwohin zu bringen. Die
       Regierung verzögert aber dieses Eintreffen“, sagte er.
       
       ## Flugschreiber soll übergeben werden
       
       Borodaj sagte weiter: „Die Flugschreiber sind in Donezk, und wir übergeben
       sie nur internationalen Organisationen. Die ukrainische Regierung wird die
       Daten sonst fälschen.“ Die Führung in Kiew wirft dagegen den militanten
       Gruppen das Vernichten von Beweisen vor.
       
       Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko lehnte direkte Verhandlungen
       mit den Separatisten ab. Die Aufständischen hätten mit dem Abschuss der
       Maschine einen „Terrorakt“ begangen, betonte der prowestliche Staatschef.
       Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies jegliche Verantwortung von
       sich und kritisierte Berichte über einen angeblichen Abschuss der Maschine
       als „voreilig“.
       
       21 Jul 2014
       
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