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       # taz.de -- Buchverlage und Amazon: Die Angst geht um
       
       > Amazon ist nicht nur Händler, sondern auch Publizist. Nun hat der Konzern
       > offenbar den US-Verlag Simon & Schuster im Visier. Es wird eng für die
       > Branche.
       
   IMG Bild: Lesen ist gut, Amazon nicht
       
       Seit Dienstag versetzt eine Nachricht die Buchbranche weltweit in Aufruhr.
       Der amerikanische Onlineversandhändler Amazon soll mit der amerikanischen
       Verlagsgruppe Simon & Schuster, einer Tochter des Medienkonzerns CBS, im
       Gespräch sein. Worum es genau geht? Man weiß es nicht. Spekuliert wird über
       eine Übernahme des Verlags durch Amazon.
       
       Aber selbst wenn es eine anderen Grund für die Gespräche gebe: Die Angst
       geht um. Denn der Marktführer im Internethandel möchte mehr sein als bloß
       Onlinehändler. Mit immer rabiateren Mitteln versucht das Unternehmen seine
       Macht auf dem Buchmarkt auszubauen und alles auszuschalten, was zwischen
       ihm und den Autoren steht.
       
       Dies sind zunächst einmal die Verlage selbst. Seit Jahren lässt sich Amazon
       von ihnen höchstmögliche Rabatte einräumen. Das funktioniert, weil Amazon
       den Buchmarkt beherrscht – in den USA werden drei von fünf Büchern dort
       verkauft. In Deutschland sind es weniger, aber der Konzern verkauft
       immerhin rund die Hälfte aller E-Books.
       
       In den vergangenen Monaten wurde dies heftig diskutiert. Der Verlagskonzern
       Hachette weigerte sich, dem Unternehmen hohe Nachlässe auf E-Books
       einzuräumen – statt bisher 30 Prozent sollten es 50 Prozent sein. Es kam
       zum Streit. Die Folge: Bücher von Hachette wurden bei Amazon mit langen
       Lieferzeiten angegeben oder gar als nicht lieferbar markiert. Schließlich
       bot Amazon den Autoren an, sie für die Dauer des Streits mit 100 Prozent am
       Verkauf zu beteiligen. Auch die Bonnier-Gruppe, zu der Carlsen, Pieper und
       der Ullstein Verlag gehören, traf es. Kunden müssen zum Teil wochenlang auf
       deren Bücher warten.
       
       ## Alleinherrscher des Buchmarkts
       
       Die Verlage geraten so an ihr Limit. Denn der Onlinemonopolist nutzt jede
       Chance, die Preise zu drücken: mit der neuen E-Book-Flatrate „Kindle
       unlimited“ in den USA etwa, mit der den Kunden für 9,99 Dollar im Monat
       rund 600.000 digitale Bücher zur Verfügung stehen. Das geht an die Substanz
       der Verlage. Denn deren Gewinnspanne liegt ohnehin nur bei wenigen Prozent
       – wer dem Onlinehändler also die gewünschten Rabatte gewährt, macht
       womöglich Verlust.
       
       Die Aufregung über die durch einen Ankauf von Simon & Schuster drohende
       neue Macht von Amazon kommt darum recht spät. Denn das Unternehmen ist
       längst mehr als nur ein mächtiger Händler – es agiert bereits als Verleger,
       setzt auf Selfpublishing jenseits der traditionellen Verlags- und
       Vertriebsstrukturen und hat eigene Verlage gegründet.
       
       Die Neuigkeit ist nun, dass Amazon auch ganze Verlagshäuser, etablierte und
       traditionsreiche gar, zu schlucken droht. Der Kauf eines Verlags in der
       Größe von Simon & Schuster wäre eine Zäsur. Ginge Amazon diesen Schritt,
       wären die Folgen klar: Amazon wird zum Alleinherrscher des Buchmarkts, wird
       künftig über die Buchpreise und Konditionen für die Autoren bestimmen. Und
       ohne Konkurrenz werden diese nicht gut sein.
       
       Bisher ist Amazon zwar mächtig, hat aber nicht die absolute Marktmacht. In
       den USA etwa weigert sich eine Reihe stationärer Buchhandlungen, die Bücher
       der Amazon-Verlage zu verkaufen. Dieser Boykott endet aber, wenn Simon &
       Schuster oder aber ein anderes großes Verlagshaus in den Besitz von Amazon
       überginge. Die Kunden würden den Boykott nicht akzeptieren und, vom
       Buchhandel enttäuscht, wiederum bei Amazon ordern. So beißt sich die Katze
       in den Schwanz: An Amazon kommt eben keiner vorbei.
       
       Die Verlage allerdings sind auch selbst schuld. Lange Jahre haben sie den
       großen Buchhandelsketten großzügige Rabatte eingeräumt. Und auch Amazon
       hatte man die Bücher jahrelang günstig überlassen. Letztlich ist es auch
       dieses interne Buchpreisdumping, das Amazon den Weg vom Onlinehändler zum
       Verlagsriesen geebnet hat.
       
       17 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sonja Vogel
       
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