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       # taz.de -- Kinderporno-Affäre: Edathy wird angeklagt
       
       > Die Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen den ehemaligen
       > SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy. Er soll auch Kinderpornos
       > heruntergeladen haben.
       
   IMG Bild: Da war er noch in Amt und Würden: Sebastian Edathy.
       
       BERLIN taz | Sebastian Edathy kommentiert die Affäre regelmäßig auf seiner
       Facebook-Seite. Diese Woche postete er zum Beispiel eine selbst gedichtete
       Medienkritik und ein Zitat des chinesischen Philosophen Konfuzius. „Finde
       nicht mehr Gefallen am Fallen anderer als am eigenen Gehen – oder prüfe
       Deinen Weg.“ Der Sozialdemokrat fühlt sich zu Unrecht mit öffentlicher Häme
       und Verachtung konfrontiert.
       
       Am Donnerstag hat die Edathy-Affäre ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.
       Die Staatsanwaltschaft Hannover erhob Anklage gegen den 44-jährigen
       Sozialdemokraten. Er steht im Verdacht, kinderpornografische Fotos und
       Videos angeschaut und besessen zu haben.
       
       Edathy werde vorgeworfen, „in der Zeit vom 01. bis 10. November 2013 an
       sechs Tagen über seinen Bundestagslaptop kinderpornografische Bild- und
       Videodateien aus dem Internet heruntergeladen zu haben“, teilte die
       Staatsanwaltschaft mit. Außerdem soll Edathy einen Bildband und eine CD
       besessen haben, deren Inhalt die Staatsanwaltschaft als jugendpornografisch
       wertet.
       
       Edathys verschwundener Dienstlaptop ist eine von vielen Merkwürdigkeiten
       des Falles. Jener war ihm angeblich wenige Tage vor Durchsuchungen seiner
       Wohnung und seines Büros in Niedersachsen und Berlin abhanden gekommen.
       Edathy hatte angegeben, der Laptop sei ihm auf einer privaten Zugreise aus
       Nordrhein-Westfalen nach Amsterdam gestohlen worden.
       
       Er habe während eines längeren Aufenthalts den Zug verlassen und
       unvorsichtigerweise das Gerät am Platz zurückgelassen. Im politischen
       Berlin halten viele diese Aussage für eine Ausflucht. Und mutmaßen, Edathy
       habe den Rechner damals absichtlich beiseite geschafft, um Beweise zu
       vernichten.
       
       ## Alle Vorwürfe abgestritten
       
       Edathy hatte im Februar sein Bundestagsmandat niedergelegt. Er war ins
       Visier der Behörden geraten, weil sein Name auf der Kundenliste eines
       kanadischen Internetportals stand, das auch Kinderpornos verbreitete. Dort
       soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen 2005 und 2010 mindestens 31 Videos
       oder Fotosets gekauft haben. Darauf sollen nackte Kinder im Alter zwischen
       neun und 14 Jahren zu sehen gewesen sein. Der Besitz dieses Materials,
       sogenannter Posing-Bilder, ist in Deutschland legal. Edathy hatte deshalb
       alle Vorwürfe abgestritten und auf sein Recht auf Privatsphäre verwiesen.
       
       „Ich bin ein Gegner von Kinderpornografie“, sagte er im März in einem
       Interview. Und: „Ich bin nicht pädophil.“ Wenn ein privates Verhalten legal
       sei, gehe es niemanden etwas an, so Edathy. „In der Kunstgeschichte hat der
       männliche Akt, auch der Kinder- und Jugendakt, übrigens eine lange
       Tradition.“ Dieser Satz stieß auch ehemaligen Parteifreunden bitter auf.
       
       Edathy wirft den Ermittlern vor, seine Immunität als Bundestagsabgeordneter
       missachtet zu haben. Sie hätten Details an die Öffentlichkeit gegeben und
       seinen Ruf zerstört. Wo sich Edathy im Moment aufhält, ist unklar. Er soll
       sich im europäischen Ausland befinden.
       
       Vor Gericht wollen sich die Staatsanwälte nun auf wenige Downloads
       konzentrieren, die sie für strafbar halten. Die entscheidenden Hinweise
       fanden die Ermittler in Verbindungsdaten der Bundestagsserver, welche drei
       Monate gespeichert werden. Obwohl der Laptop als Beweisstück fehlte,
       konnten sie mit den Daten offenbar nachvollziehen, welche Dateien sich
       Edathy heruntergeladen hat.
       
       ## Haftstrafe von bis zu zwei Jahren
       
       Zuständig ist das Landgericht Verden. Die Richter müssen jetzt entscheiden,
       ob sie ein Verfahren eröffnen. Sie können für den Besitz von
       kinderpornografischem Material eine Haftstrafe von bis zu zwei Jahren
       verhängen. Der Anwalt Edathys teilte mit, er sehe in der Anklageschrift
       „keine tragfähige Grundlage für einen Prozess“.
       
       Mit der Edathy-Affäre beschäftigt sich auch ein Untersuchungsausschuss des
       Bundestages. Das Gremium soll die Rolle des Bundeskriminalamts und anderer
       Behörden untersuchen und der Frage nachgehen, ob der SPD-Politiker vor den
       Ermittlungen gewarnt wurde.
       
       Der SPD-Vorstand hat gegen Edathy ein Parteiordnungsverfahren angestrengt,
       an dessen Ende ein Parteiausschluss stehen kann. Die zuständige
       Schiedskommission in Hannover lässt das Verfahren ruhen. Begründung: Es
       gelte die Unschuldsvermutung. „Das Verfahren ruht weiterhin“, sagte eine
       Sprecherin des SPD-Landesverbandes Niedersachsen. „Die Anklageerhebung ist
       ja nur ein nächster Schritt.“
       
       17 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Schulte
       
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