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       # taz.de -- Kommentar UN im Kongo: Ermutigung für die Scharfmacher
       
       > Die UN verschaffen brutalen Kriegsführern im Kongo eine diplomatische
       > Aufwertung. Eine Gegenleistung erhalten sie dafür nicht.
       
   IMG Bild: Die UN reichen Kriegsverbrechern die Hand – was bekommen sie dafür?
       
       Wer Frieden will, muss mit Kriegsführern notfalls auch verhandeln. Dies ist
       eine Selbstverständlichkeit der internationalen Krisendiplomatie. Insofern
       ist, abstrakt gesehen, erst einmal nichts daran auszusetzen, wenn die für
       die Stabilisierung der Demokratischen Republik Kongo zuständige
       UN-Blauhelmmission einige der berüchtigtsten Kommandeure der ruandischen
       Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) zu
       Sondierungsgesprächen im Rahmen der katholischen Kirche nach Rom bringt.
       
       Schließlich redet sie ja auch mit vielen anderen bewaffneten Gruppen in dem
       geschundenen Bürgerkriegsland im Herzen Afrikas, um sie dazu zu bewegen,
       die Waffen niederlegen.
       
       Aber die FDLR ist nicht nur irgendeine Bürgerkriegsmiliz, die im eigenen
       Land bestimmte Interessen vertritt. Sie ist das Sammelbecken und die
       Exil-Nachfolgeorganisation jener Kräfte, die in Ruanda vor zwanzig Jahren
       den Völkermord an bis zu einer Million Tutsi durchführten – und die bis
       heute von der Rückeroberung Ruandas für die alte Hutu-Elite träumen. Etwas
       anderes als ein Machtwechsel in Ruanda interessiert sie nicht.
       
       Für Ruandas Regierung, die das Land neu aufrichtet, ist diese Miliz als
       Gesprächspartner etwa so akzeptabel, wie es für Israels Regierung eine
       bewaffnete deutsche Nazigruppe wäre. Die Hutu-Kämpfer haben darüber hinaus
       die Bevölkerung Ostkongos jahrelang mit Terror überzogen und gelten
       eigentlich als kommendes Ziel internationaler Militäroperationen.
       
       Der FDLR in dieser Situation ohne nennenswerte Gegenleistung eine
       diplomatische Aufwertung zu verschaffen bestätigt Scharfmacher auf allen
       Seiten und wirft die Aussöhnung zwischen Kongo und Ruanda, von der die
       Stabilität der gesamten Region abhängt, weit zurück. Das sollte die UNO
       eigentlich wissen.
       
       Und sie sollte auch wissen, wen sie da eigentlich um die Welt fliegt: den
       Kommandeur des schlimmsten einzelnen Massakers, das der FDLR im Kongo
       zugeschrieben wird. Vor gut fünf Jahren machten die Milizionäre das
       kongolesische Dorf Busurungi dem Erdboden gleich und töteten seine
       Bewohner. Als politisch Verantwortlicher dieses Massakers steht der
       politische Führer der FDLR in Deutschland vor Gericht. Der Einsatzleiter,
       der vor Ort befehligte, sitzt derweil im UN-Freiflug nach Europa. Selbst
       wenn Gespräche mit der FDLR sinnvoll wären – diese Auswahl an
       Gesprächspartnern ist es nicht.
       
       16 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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