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       # taz.de -- Deutschland weist US-Agenten aus: Ein bewusst herbeigeführter Eklat
       
       > In den USA kommt der Ärger der deutschen Regierung über die Ausspähung
       > des BND an. Doch die Kooperation der Geheimdienste soll weitergehen.
       
   IMG Bild: Ein bisschen Souveränität gezeigt.
       
       BERLIN taz | Der Gongschlag ist angekommen in Washington. Die New York
       Times widmete der Ausweisung des obersten US-Geheimdienstlers aus
       Deutschland am Freitag einen [1][Artikel auf ihrer Seite Eins], nachdem sie
       über die Spionage- und Ausspähaffäre lange nur klein auf den hinteren
       Seiten berichtet hatte. „Ein seltener Schritt für einen Verbündeten“,
       titelte das Blatt alarmiert. Und analysierte: Dies sei der Beweis, dass die
       Beziehungen zwischen Deutschland und den USA „schwerwiegend beschädigt
       sind.“
       
       Es war der Tag nach einem bewusst herbeigeführten Eklat. Die
       Bundesregierung hatte sich am Donnerstag dazu durchgerungen, ein klares
       Symbol zu setzen. Als Konsequenz aus den Ausspähaktionen der
       US-Geheimdienste und den jüngst bekannt gewordenen Spionagefällen hatte sie
       einen hohen US-Diplomaten aufgefordert, das Land zu verlassen. Der Mann ist
       der offizielle Repräsentant der Nachrichtendienste in der amerikanischen
       Botschaft und zuständig für die Kontakte der Dienste beider Staaten. Die
       Bundesregierung erwarte, dass er nach der Aufforderung „zeitnah“ ausreise,
       sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag.
       
       Die Regierung fährt jetzt eine Doppelstrategie. Einerseits lassen
       Kabinettsmitglieder keinen Zweifel daran, dass das Maß aus deutscher Sicht
       voll ist. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) gab am Vormittag eine
       kurzfristig anberaumte Pressekonferenz. Er bezeichnete die Aufforderung an
       den US-Diplomaten als „notwendigen Schritt“. Das Verhältnis zu den USA
       müsse von Vertrauen und gegenseitigem Respekt getragen werden. Die
       Amerikaner, so die Botschaft, müssen die Bedenken der Deutschen endlich
       ernst nehmen.
       
       Seit der Aufforderung verschärften auch andere deutsche Spitzenpolitiker
       die Tonlage gegenüber den USA deutlich. Innenminister Thomas de Maizière
       (CDU) bezeichnete die Entscheidung am Donnerstagabend als „angemessen und
       nüchtern.“ Irgendwann müsse „auch mal gut sein.“ Justizminister Heiko Maas
       (SPD) forderte die US-Regierung in der Passauer Neuen Presse auf, ihre
       Spionage- und Spähaktivitäten in Deutschland zu beenden. „Wir brauchen die
       verbindliche Zusicherung aus Washington, dass diese Praxis ein für alle Mal
       beendet wird.“
       
       ## Betonung der deutsch-amerikanischen Beziehung
       
       So weit, so deutlich. Solch unterkühlte Appelle richtete die Regierung
       schon lange nicht mehr gen Washington. Sie speisen sich aus der Einsicht,
       dass die vorsichtige Kommunikation der vergangenen Monate den Amerikanern
       den Ernst der Lage nicht klar gemacht hat.
       
       Zur Doppelstrategie der Deutschen gehört aber auch, die Wichtigkeit der
       deutsch-amerikanischen Beziehungen bei jeder Gelegenheit zu betonen.
       Steinmeier sprach sich zum Beispiel für einen Neuanfang in den Beziehungen
       aus. „Wir wollen unsere Partnerschaft, unsere Freundschaft auf ehrlicher
       Grundlage neu beleben.“ Der Außenminister will am Wochenende seinen
       amerikanischen Amtskollegen John Kerry in Wien treffen, wo eigentlich die
       Atom-Verhandlungen mit dem Iran stattfinden. Dort wollen beide jedoch über
       die Verstimmungen und mögliche Lösungen sprechen.
       
       Die Bundesregierung setzt also auf Diplomatie, und sie meidet Konsequenzen
       an anderer Stelle. Die Zusammenarbeit der deutschen und amerikanischen
       Geheimdienste soll weiter laufen wie bisher. Seibert dementierte einen
       Medienbericht, wonach das Kanzleramt die deutschen Dienste angewiesen habe,
       die Zusammenarbeit auf das Notwendigste zu beschränken. „Eine solche
       Anweisung hat es nicht gegeben“, sagte er. Und betonte, die
       sicherheitspolitische Kooperation mit den Amerikanern sei für Deutschland
       unerlässlich.
       
       ## Was, wenn er nicht ausreist?
       
       Die amerikanische Seite hüllte sich nach dem diplomatischen Eklat in
       Schweigen. Die US-Regierung reagierte nicht offiziell auf die Aufforderung,
       was allerdings nicht unüblich ist. Auch ein Sprecher des US-Geheimdienstes
       CIA lehnte eine Stellungnahme ab. Die amerikanische Botschaft in Berlin
       teilte lediglich schriftlich mit, dass sie sich grundsätzlich nicht zu
       Fragen äußere, die die Geheimdienste betreffen.
       
       Ob sich der US-Repräsentant noch in Deutschland befindet, blieb am Freitag
       offen. Falls er der Aufforderung nicht nachkommt, könnte die
       Bundesregierung den Druck verstärken. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes
       verwies Freitag auf das Prozedere, das das Wiener Übereinkommen über
       diplomatische Beziehungen regelt. Demnach wäre der nächste Schritt, ein
       förmliches Verfahren einzuleiten. Die deutsche Regierung würde der
       US-Botschaft dann in einer Verbalnote mit Fristsetzung androhen, dem
       Diplomaten die Immunität zu entziehen. Steinmeiers Sprecher betonte
       allerdings, er könne sich nicht vorstellen, dass die Amerikaner der
       deutschen Bitte nicht nachkämen.
       
       11 Jul 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.nytimes.com/images/2014/07/11/nytfrontpage/scan.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Schulte
       
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