# taz.de -- Standards für das „Internet der Dinge“: Sprachunterricht für die Mikrowelle
> Um Haushaltsgeräte miteinander zu vernetzen, braucht es einen gemeinsamen
> Standard. Konzerne versuchen jetzt, ihre Technologien durchzusetzen.
IMG Bild: Wie kommunizieren die?
BERLIN dpa | Der Kampf der Konzerne um das vernetzte Zuhause ist offiziell
eröffnet. Der Chip-Riese Intel und der Elektronik-Multi Samsung schmieden
eine Allianz, die mit einem übergreifenden Standard dafür sorgen soll, dass
sich Waschmaschine, Heizung und Kühlschrank untereinander austauschen
können. Heute fehlt den vielen verschiedenen Geräten eine gemeinsame
Sprache dafür.
Aber das Fundament für das zukünftige Internet der Dinge wollen viele
aufbauen. Schon seit dem vergangenen Jahr gibt es eine ähnliche Koalition
von Qualcomm und LG – ebenfalls ein Chipkonzern und ein großer
Elektronik-Hersteller. Apple will mit seiner Plattform HomeKit die iPhones
und iPads zu Steuerzentralen machen. Voraussetzung: Die Hersteller müssen
ihre Geräte kompatibel machen.
Google kündigte eigentlich schon vor drei Jahren die Initiative
Android@Home an, um das erfolgreiche Smartphone-System in alle möglichen
Hausgeräte zu bringen. Passiert ist jedoch nicht viel. Und die neue
Strategie scheint zu sein, die digitalen Thermostate und Rauchmelder der
für 3,2 Milliarden Dollar gekauften Firma Nest punktuell mit anderen
Geräten zu verknüpfen. So sollen Heizung oder Klimaanlage anspringen, wenn
der Mercedes die voraussichtliche Ankunftszeit durchgefunkt hat. Und bei
einem Rauchalarm fangen die vernetzten Lampen im Haus an, rot zu blinken.
Für die Zukunft kaufte Nest den Hersteller vernetzter Überwachungskameras
Dropcam.
Viele spezialisierte Anbieter sind inzwischen in der Hausvernetzung aktiv.
Per Smartphone-App lassen sich Garagentore schließen, Türschlösser
kontrollieren, Heizungen ausschalten. Aber die meisten Geräte existieren
nur für sich und kommunizieren nicht mit anderen.
## Alle möglichen Schnittstellen integrieren
„Es ist, als würden Esso und Aral beschließen, Tankstellen mit eigenen
Zapfhähnen zu bauen“, sagt Elektro-Unternehmer Peter Kellendonk, der als
Vorsitzender der Initiative EEBus ebenfalls einen einheitlichen Standard
vorantreiben will. Durch die Vielfalt der Plattformen wären
Gerätehersteller gezwungen, alle möglichen Schnittstellen zu integrieren
und zu warten. „Ich brauche als Hersteller aber Investitionssicherheit.“
Standards seien dringend nötig: „Das bringt am Ende den Durchbruch für den
Markt.“
Denn nur mit einer für viele Player offenen Plattform werde man das
Potenzial des Geschäfts ausschöpfen können, betont Kellendonk. „100
Mittelständler mit einzelnen Geräten werden ein interessanteres Ökosystem
aufbauen als ein großer Anbieter, der 100 Geräte liefert.“ Die Hersteller
müssten zugleich aufpassen, dass ihre Geräte nicht zum mechanischen
Fortsatz von Software anderer Hersteller aus der Internet-Cloud degradiert
werden.
„Ein Standard wird sich am Markt herausbilden“, ist Branchenexperte
Ralf-Dieter Wagner von der Unternehmensberatung Accenture überzeugt. Es
werde in Zukunft nicht mehr um einzelne Funktionen gehen, sondern um ihr
Zusammenspiel. „Gewinnen wird die Technologie, die dem Kunden über Dienste
die meisten Vorteile bringt.“ Dabei werde sich schnell eine pragmatische
Einstellung dazu herauskristallisieren, was machbar und was sinnvoll ist,
glaubt Wagner. „Ein Kühlschrank muss nicht mit der Kaffeemaschine
kommunizieren.“
Dabei ist die breite Produktpalette von Herstellern wie Samsung oder LG,
die alle möglichen Geräte von Handys über Fernseher und Kühlschränke bis
hin zu Staubsaugern und Waschmaschinen im Angebot haben, aus Sicht des
Experten nicht unbedingt ein großer Vorteil. Die Unternehmen könnten zwar
einheitliche Lösungen aus einer Hand anbieten – „aber es bleibt fraglich,
ob der Kunde deshalb alle Geräte von einem Hersteller kauft“. Der Schlüssel
für eine erfolgreiche Plattform sei, dass sie Anbieter von Geräten und
Diensten Geld verdienen lasse. Dazu seien Reichweite und Offenheit nötig.
Auf jeden Fall breche eine heiße Zeit für das Geschäft an, betont Wagner:
„Der Markt wird jetzt gemacht.“
9 Jul 2014
## AUTOREN
DIR Andrej Sokolow
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