URI: 
       # taz.de -- Kommentar Wahl Afghanistan: Nervenspiel am Hindukusch
       
       > Es gibt ein Ergebnis, aber auch das ist nicht sicher: Ghani hat einen
       > deutlichen Vorsprung vor Abdullah. Aber die Wahl muss noch einmal geprüft
       > werden.
       
   IMG Bild: Sie jubeln schon. Aber worüber?
       
       Nach 23-tägigem Warten seit der Stichwahl am 14. Juni (der erste Wahlgang
       fand sogar schon am 5. April statt!) haben die Afghaninnen und Afghanen
       immer noch keine Gewissheit, wer nun ihr neuer Präsident und
       Karsai-Nachfolger werden wird, Ex-Außenminister Abdullah oder Ex-Weltbanker
       Ghani.
       
       Der ohnehin schon weltrekordverdächtig lange Auszählprozess mit seinen
       zahllosen manipulationsträchtigen Hintertüren wird also noch mindestens
       zwei weitere Wochen dauern, bis das Endergebnis verkündet werden soll. Aber
       nur wenn alles gut geht, und danach sieht es eher nicht aus.
       
       Der nach Wahlgang 1 mit über 900.000 Stimmen Vorsprung deutlich führende
       Abdullah liegt nun um über eine Million Stimmen hinter Ghani. Abdullah
       führt diesen Umschwung auf Manipulationen zurück. Die Wahlkommission
       gestand am Montag auch ein, dass es Fälschungen gegeben hat – allerdings
       wohl auf beiden Seiten.
       
       Jetzt soll ein Audit etwa der Hälfte der 8,1 Millionen abgegebenen Stimmen
       durchgeführt werden, was theoretisch das Ergebnis noch einmal umstülpen
       könnte. Aber noch müssen beide Kandidaten zustimmen. Dass Abdullah von
       einem „Putsch“ spricht und führende Unterstützer eine „Parallelregierung“
       bilden wollen, ist allerdings ein Spiel mit dem Feuer.
       
       Wie auch immer dieses Nervenspiel ausgeht: mehrere Millionen Wähler werden
       das endgültige Ergebnis wohl als Betrug ansehen. Das führt zu Polarisierung
       und stellt wieder einmal die politische Stabilität des
       Post-Taliban-Afghanistan in Frage. Die US-geführte Koalition, die ihre
       „Mission“ am Hindukusch propagandistisch als Erfolg verkauft, trägt ein
       gerüttelt Maß an Mitverantwortung für dieses Desaster.
       
       In allen fünf bisherigen Präsidenten- und Parlamentswahlen interessierte
       sie nur, dass, aber kaum wie, gewählt wurde. Sie hat eine
       Fassadendemokratie mit zu schwachen Institutionen geschaffen, die diese
       Krise allein nicht lösen können.
       
       Bleibt nur zu hoffen, dass der Verlierer einen neuen Fraktionskrieg als zu
       hohen Preis dafür empfindet, Recht zu behalten, und die UNO klug
       vermittelt.
       
       8 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Ruttig
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Präsidentschaftswahl
   DIR Abdullah Abdullah
   DIR Aschraf Ghani
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Kabul
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
   DIR Schwerpunkt Afghanistan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Präsidentengeschacher in Aghanistan: Neuer Boykott der Wahlauszählung
       
       Ein Wahlergebnis lässt auf sich warten: Die Kriterien für die
       Unterscheidung von gefälschten und legitimen Stimmen angeblich unklar.
       
   DIR Anschlag in Kabul: Taliban greifen Flughafen an
       
       In der afghanischen Hauptstadt kommt es am Flughafen zu einem mehrstündigen
       Feuergefecht. Vier Talibankämpfer sprengten sich in die Luft oder wurden
       erschossen.
       
   DIR Präsidentschaftswahl in Afghanistan: Es wird noch einmal gezählt
       
       Alle acht Millionen abgegebenen Stimmen werden überprüft, um
       Manipulationsvorwürfe auszuschließen. Die Amtseinführung des Siegers wird
       verschoben.
       
   DIR Manipulationsvorwürfe in Afghanistan: Wahlleiter tritt zurück
       
       Die Auszählung der afghanischen Präsidentenstichwahl stockt, weil einer der
       beiden Kandidaten Betrugsvorwürfe erhoben hat. Nun ist der Wahlleiter
       zurückgetreten.
       
   DIR Zoff um Wahlergebnis in Afghanistan: Jeder Streit um Zahlen ist müßig
       
       Wahlmanipulationen gab es bei der Stichwahl ums Präsidentenamt gewiss.
       Jeder Kandidat kann damit Politik machen.