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       # taz.de -- Nach Skandal um Neuland-Fleisch: Und niemand will was gemerkt haben
       
       > Nicht drin, was draufsteht? Der Neuland-Verein will trotzdem weiter mit
       > Firmen und Managern arbeiten, die Verbraucher getäuscht haben.
       
   IMG Bild: Moment – das ist ja gar kein Fleisch aus „artgerechter“ Haltung!
       
       BERLIN taz | Konventionelles Hühnerfleisch war drin, doch auf der
       Verpackung klebte das Siegel der teuren Neuland-Marke für artgerechtere
       Tierhaltung. Systematisch wurde der Verbraucher getäuscht, mehrere Höfe
       machten mit, in Nord- und in Süddeutschland. Der Ruf von „Neuland“ ist
       angeschlagen, seit dieser Skandal in den vergangenen Monaten bekannt wurde.
       Trotzdem hat der Neuland-Verein nun entschieden: Er arbeitet weiter mit für
       die Unregelmäßigkeiten verantwortlichen Firmen und Managern zusammen.
       
       Anfang Juni hatte der Neuland-Verein noch angekündigt, der für den Süden
       zuständigen Vermarktungsgesellschaft das Recht zur Nutzung der Marke zu
       entziehen. Doch jetzt sagte Vereinsgeschäftsführer Jochen Dettmer der taz:
       „Eine juristische Prüfung hat ergeben, dass das aufgrund der Verträge nicht
       möglich ist.“
       
       Ähnlich äußerten sich die Träger des Vereins, die Arbeitsgemeinschaft
       bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Deutsche Tierschutzbund und die
       Umweltorganisation BUND. Damit ist auch klar, dass der Chef der
       Neuland-Fleisch Süd GmbH, Matthias Minister, im Amt bleibt, zumal er
       alleiniger Eigentümer des Unternehmens ist. Zuvor hatte der Verein schon
       den Geschäftsführer von Neuland Nord, Thomas Strauß, von Betrugsvorwürfen
       entlastet.
       
       Dabei hatte der Verein selbst eingeräumt, dass Neuland Nord Hähnchen ohne
       Zertifizierung verkauft hat. Vor Kurzem hat er aber mitgeteilt, eine
       Sonderprüfung habe „keine Anhaltspunkte für ein Mitwissen von Mitarbeitern
       der Neuland-GmbH beim Betrug ergeben“. Offenbar soll niemand gemerkt haben,
       dass der beschuldigte Landwirt L. mehr Hähnchen lieferte, als nach den
       Neuland-Regeln möglich war.
       
       ## Keine Stellungnahme
       
       Um Agrarindustrie-Farmen auszuschließen, schreibt der Verein vor, dass ein
       Neuland-Betrieb maximal rund 80.000 Hähnchen pro Jahr erzeugen darf. Doch
       zuweilen lag die Liefermenge bei etwa 100.000. L. soll also alles allein
       ausgeheckt haben. Neuland-Nord-Chef Strauß reagierte nicht auf eine Bitte
       der taz um Stellungnahme.
       
       Sein Amtskollege bei Neuland Süd, Matthias Minister, hat im Gespräch mit
       der taz zugegeben, dass er fast eineinhalb Jahre insgesamt schätzungsweise
       60.000 Hühnchen von sechs französischen Höfen ohne Neuland-Zertifizierung
       bezogen habe. Der Neuland-Verband habe aber nur „zwei sozusagen
       freigegeben“ – vier Betriebe lieferten also ohne Genehmigung, selbst wenn
       sie Minister zufolge „keine konventionelle Massentierhaltung“ betrieben.
       
       Das war nicht alles: Auch Lämmer habe Neuland Süd aus einer nicht
       lizenzierten Schäferei bekommen. Für Minister war das „kein organisierter
       Betrug“, sondern ein Kennzeichnungsfehler. Zudem berichtete die Zeitung
       Zeit über Tierschutzverstöße in Ministers Schlachthof.
       
       ## „Das wollte ich nicht“
       
       Doch jetzt sagt der AbL-Vertreter im Neuland-Vorstand, Friedrich-Wilhelm
       Graefe zu Baringdorf: „Nach Aussagen des Veterinäramtes hat es diese
       Vorfälle bei Neuland-Schweinen nie gegeben.“ Und vor allem: Die Kündigung
       der Lizenzverträge „hätte zur Folge gehabt, dass das Zeichen zunächst mal
       weg gewesen wäre“ – auch für die Bereiche Schwein und Rind, wo bisher keine
       Probleme bekannt geworden seien. „Das wollte ich nicht“, sagte Baringdorf.
       Das liegt wohl auch an Ministers Drohung, dieser selbst werde Neuland
       kündigen und ein eigenes Label herausgeben. Baringdorf will jetzt lediglich
       neue Verträge, um Schlupflöcher zu schließen.
       
       Selbst in der AbL stößt er damit auf Widerstand. Einer ihrer bekanntesten
       Aktivisten, Agrarindustrieexperte Eckehard Niemann, fordert: „Zumindest
       Neuland Süd muss die Lizenz entzogen werden.“ Die Unregelmäßigkeiten seien
       so gravierend, dass die AbL sie bei konventionellen Fleischkonzernen wie
       Vion scharf verurteilt hätte. „Diesen Maßstab müssen wir auch uns selbst
       anlegen“, sagte Niemann der taz.
       
       Teilweise seien sogar Ausnahmen und Richtlinien beschlossen worden, „die
       nicht in Ordnung sind, die mit dem Image und den Zielen von Neuland nichts
       zu tun haben“. Der Skandal gefährde die „Glaubwürdigkeit der
       Trägerverbände“. Und er fragt: „Wie soll man mit seinem Namen haften für
       Wirtschaftsunternehmen, die man ja überhaupt nicht kontrollieren kann als
       Trägerverband?“
       
       7 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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