# taz.de -- Bundeskanzlerin in China: Merkel schätzt verschlossene Türen
> Bei ihrem Besuch in der Volksrepublik spricht die Bundeskanzlerin sehr
> wohl Menschenrechtsfragen an – aber nicht öffentlich.
IMG Bild: Angela Merkel beim Shopping in Chengdu.
PEKING taz | Schon mit der Auswahl des Ortes wollte Bundeskanzlerin Angela
Merkel ein Zeichen setzen: Anders als auf ihren bisherigen sechs
Chinareisen sollten dieses Mal nicht nur Wirtschaftsfragen ein zentrales
Anliegen sein, sondern auch die Belange der Zivilgesellschaft.
Die erste Station ihrer insgesamt dreitägigen Reise führte sie am Sonntag
nach Chengdu, der 14-Millionen-Einwohner-Hauptstadt der Provinz Sichuan im
tiefen Südwesten der Volksrepublik. Die dicht besiedelte Provinz ist
bekannt für ihre Millionen von Wanderarbeitern, die seit Jahrzehnten durchs
Land ziehen und für wenig Geld auf den Baustellen und in den Fabriken ihre
Arbeitskraft anbieten. Merkel besuchte am Vormittag eine Einrichtung, die
sich um die Probleme der Familien dieser Arbeiter kümmert, und eröffnete
den deutsch-chinesischen Dialog, der sich als „zivilgesellschaftliches
Forum“ versteht.
Doch von einer neuen Schwerpunktsetzung ihrer Chinapolitik kann auch
weiterhin nicht die Rede sein. Merkels Besuch der Sozialeinrichtung dauerte
nicht einmal eine Stunde. Und das Forum entpuppte sich als ein weiteres
Gremium, das sich vor allem aus Wirtschaftsvertretern zusammensetzt.
Begleitet wird Merkel auch dieses Mal von einem Tross der deutschen
Wirtschaftselite. Die Menschenrechte wollte Merkel nach Angaben aus
Regierungskreisen bei ihren Gesprächen mit Ministerpräsident Li Keqiang am
Abend und mit Staatspräsident Xi Jinping am Montag ansprechen.
## Stille Diplomatie
Damit hält Merkel an ihrer bisherigen Chinapolitik fest. Ein Mal – zu
Beginn ihrer Amtszeit – hatte sie den Dalai Lama empfangen und den Unmut
der chinesischen Führung auf sich gezogen. Seitdem hat sie es vermieden,
Chinas Führung wegen Missachtung der Menschenrechte an den Pranger zu
stellen. Mit ihrer sogenannten stillen Diplomatie setzte sie sich zwar für
einzelne Dissidenten ein – aber nur hinter verschlossenen Türen.
Auf diese Weise hat Merkel einiges erreicht. Dem sozialkritischen
Schriftsteller Liao Yiwu verhalf sie 2010 zur Ausreise nach Deutschland.
Auch der berühmte Künstler Ai Weiwei wurde angeblich erst auf Bitten der
Bundesregierung nach 81 Tagen aus der Haft entlassen. Offiziell bestätigte
Merkel ihr Engagement nicht. Peking wusste es zu schätzen, dass sie dieses
Thema nicht an die große Glocke hängt.
Doch Experten bezweifeln, ob sie diese Mittlerrolle aufrechterhalten kann.
Angesichts zunehmender Spannungen wie den Demokratieprotesten in Hongkong
oder den Territorialkonflikten mit Chinas Nachbarn werde sich Deutschland
positionieren müssen, schreibt Sebastian Heilmann vom Mercator Institut für
China-Studien (Merics) in einem Gastbeitrag in der FAZ ([1][pdf]). „Wir
sollten uns auf Erschütterungen im Verhältnis zu China einstellen.“
6 Jul 2014
## LINKS
DIR [1] http://www.merics.org/fileadmin/templates/download/externe_puplikationen/1407_FAZ_Fremde_Federn_Chinapolitik_Heilmann.pdf
## AUTOREN
DIR Felix Lee
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