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       # taz.de -- US-Kongressabgeordneter über TTIP: „Neue Jobs? Ein Märchen!“
       
       > Der beim TTIP-Abkommen geplante Investorenschutz ist umstritten. George
       > Miller über die Angst der US-Bürger, Obamas falsche Versprechen und die
       > Macht der Konzerne.
       
   IMG Bild: Investorenschutz würde es erschweren, Fracking im Alleingang zu stoppen: Proteste in Philadelphia
       
       taz: Herr Miller, Sie sind Demokrat wie US-Präsident Obama. Trotzdem sind
       Sie gegen eines seiner Lieblingsprojekte: das TTIP, das Freihandelsabkommen
       zwischen den USA und der EU. Warum? 
       
       George Miller: Wir sind nicht gegen Freihandel. Aber wir wollen, dass es um
       die Interessen der Bürger geht, nicht der Konzerne. Beim Umwelt- und
       Verbraucherschutz wünschen wir uns die europäischen Standards. Aber wir
       fürchten, dass die laxeren US-Vorschriften missbraucht werden, um die
       europäischen Standards zu senken.
       
       Obama verspricht viele neue Jobs durch TTIP. 
       
       Das ist nur ein Märchen! Vor 20 Jahren wurde die Freihandelszone zwischen
       Mexiko, Kanada und den USA beschlossen. Dieses Nafta sollte auch einen
       beispiellosen Boom auslösen und allein im ersten Jahr 200.000 neue Jobs in
       den USA schaffen. Stattdessen sind seither mindestens 845.000 Stellen in
       der Industrie verschwunden.
       
       Ist TTIP noch zu stoppen? 
       
       Der Widerstand wächst. Dies ist das erste Freihandelsabkommen im Zeitalter
       der sozialen Medien.
       
       In Europa sind vor allem die Investorenschutzklauseln umstritten. Wie ist
       es in den USA? 
       
       Sogar Republikaner lehnen diese Investorenschutzklauseln ab. 87 Prozent der
       Wähler sind dagegen, weil sie Angst haben, die Kontrolle über ihr eigenes
       Land zu verlieren.
       
       Aber bisher hat die USA noch keine einzige Investitionsschutzklage vor
       einem Schiedsgericht verloren! 
       
       In vielen US-Bundesstaaten gibt es fast gar keine Vorschriften, weswegen
       für die ausländischen Konzerne auch kein Grund besteht, Klagen
       einzureichen. Nehmen Sie nur das Fracking: In den meisten Staaten ist es
       bedingungslos erlaubt. Kanada hingegen hat ein Moratorium ausgesprochen –
       weil Nafta Investorenschutzklauseln enthält, wird Kanada jetzt also
       verklagt.
       
       Trotzdem fangen selbst Republikaner an, die Gefahren zu sehen. Die Klage
       von Vattenfall gegen Deutschland hat auch in den USA schockiert. Denn
       Kanzlerin Merkel ist ja eine Konservative – und trotzdem soll die
       Bundesregierung jetzt 3,7 Milliarden Euro zahlen, weil sie aus der
       Atomenergie ausgestiegen ist.
       
       Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat vorgeschlagen, TTIP ohne
       Investorenschutzklauseln zu unterzeichnen. Würden sich die USA darauf
       einlassen? 
       
       Niemals. Der Investorenschutz ist das zentrale Ziel der Konzernlobby.
       Außerdem würde das derzeit auch verhandelte transpazifische
       Freihandelsabkommen TPP dann ebenfalls scheitern. Wie soll man Länder wie
       Vietnam überzeugen, Investorenschutzklauseln zu unterzeichnen, wenn die
       Europäer diese Bedingungen nicht akzeptieren?
       
       Warum ist TPP so wichtig? 
       
       Für die USA ist die Handelspolitik ein Aspekt der Sicherheits- und
       Verteidigungspolitik. Das Außenministerium will Vietnam aus der
       Einflusszone von China herauslösen.
       
       TTIP soll Ende 2015 unterschriftsreif sein. Welchen Zeitplan gibt es für
       TPP? 
       
       TPP wird schon viel länger verhandelt als TTIP, schon mehrfach hieß es, der
       Vertrag sei fast fertig. Aber es scheint immer noch eine Menge
       Zwistigkeiten zu geben, wie wir hören – das ist das Hauptproblem: Es gibt
       keine Transparenz. Man würde erwarten, dass der Präsident seine eigene
       Partei ernst nimmt. Stattdessen schlägt er sich auf die Seite der
       Republikaner und erwartet, dass die Abgeordneten ein Abkommen durchwinken,
       über das sie absolut nichts wissen.
       
       Obama will eine Ausnahmeregel namens „Fast Track“, um die Abkommen ohne
       Änderungen durchs Parlament zu kriegen. Werden die Kongressabgeordneten
       zustimmen? 
       
       „Fast Track“ haben wir abgelehnt. Jetzt arbeitet die Regierung an einer
       Variante, die sie „Smart Track“ nennt. Bisher ist unklar, was das sein
       soll.
       
       7 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrike Herrmann
       
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