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       # taz.de -- US-Spion im Bundesnachrichtendienst: Protestchen aus Deutschland
       
       > Für Bundespräsident Gauck ist der Doppelspion eine Bedrohung für die
       > deutsch-amerikanische Freundschaft. Die Bundesregierung fordert eine
       > schnelle Aufklärung.
       
   IMG Bild: Der Diener zweier Geheimdienste bereitet den Politikern Sorge.
       
       BERLIN dpa | Führende Politiker der großen Koalition verlangen von den USA
       dringend Aufklärung über den Fall des US-Spions im Bundesnachrichtendienst
       (BND). Der für die Spionageabwehr zuständige Bundesinnenminister Thomas de
       Maizière (CDU) nannte die Vorwürfe am Sonntag sehr schwerwiegend.
       Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte, es dürfe nun nichts
       mehr unter den Teppich gekehrt werden. Bundespräsident Joachim Gauck warnte
       vor einer Belastung der deutsch-amerikanischen Beziehungen.
       
       Die Bundesanwaltschaft hatte am Mittwoch einen 31-jährigen BND-Mitarbeiter
       festnehmen lassen. Er hat nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur
       über einen Zeitraum von zwei Jahren 218 Dokumente an US-Geheimdienste
       weitergeleitet und dafür 25 000 Euro kassiert. Die Dokumente enthielten
       laut BND keine besonders sensiblen Informationen. Entgegen ersten Berichten
       wurde der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages nach Angaben seines
       Vorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) nicht ausspioniert.
       
       „Wenn die Berichte zutreffen, dann reden wir hier nicht über
       Kleinigkeiten“, sagte Steinmeier am Sonntag bei einem Besuch in der
       Mongolei. Deshalb müssten die USA mit ihren Möglichkeiten an einer
       schnellstmöglichen Aufklärung mitwirken. „Aus Eigeninteresse sollten die
       USA dieser Mitwirkungspflicht auch Folge leisten.“
       
       De Maizière sagte der Bild-Zeitung am Montag: „Die vom Generalbundesanwalt
       erhobenen Vorwürfe wiegen sehr schwer und müssen jetzt zügig aufgeklärt
       werden. Die Ermittlungen müssen zeigen, was konkret dem Beschuldigten
       vorgeworfen wird.“
       
       Bundespräsident Gauck betonte, sollte sich tatsächlich herausstellen, dass
       ein BND-Mitarbeiter für einen US-Geheimdienst spioniert hat, „dann ist das
       wirklich ein Spiel auch mit Freundschaft, mit enger Verbundenheit“, sagte
       er im ZDF-Sommerinterview. "Dann ist ja wohl wirklich zu sagen: Jetzt
       reicht's auch einmal."
       
       ## Bei Kontaktaufnahme mit russischem Geheimdienst ertappt
       
       Laut BND war der Spion eine Hilfskraft in der Abteilung „Einsatzgebiete
       Ausland“ und kein Agent des Auslandsgeheimdienstes. „Es ist nach der ersten
       Bewertung nicht etwas, was der GAU (größte anzunehmende Unfall) wäre“, hieß
       es in ranghohen BND-Kreisen. Im BND geht man davon aus, dass der
       Verdächtige die Dokumente an den US-Geheimdienst CIA geliefert hat.
       Allerdings lägen noch keine konkreten Beweise für die Aussagen des Mannes
       vor.
       
       Die beim Bundesamt für Verfassungsschutz angesiedelte Spionageabwehr kam
       dem Maulwurf Ende Mai auf die Spur, nachdem er dem russischen Geheimdienst
       seine Dienste in einer E-Mail an das russische Generalkonsulat in München
       angeboten hatte. Als Beleg für seinen Wert schickte der Mann drei als
       geheim eingestufte BND-Dokumente mit, von denen zwei den
       NSA-Untersuchungsausschuss betrafen. Diese E-Mail wurde vom
       Verfassungsschutz abgefangen.
       
       Um den Maulwurf zu überführen, soll sich die deutsche Seite sogar an
       US-Behörden gewandt haben. Sie wollte so herausfinden, ob die
       Google-Mail-Adresse, von der aus das russische Generalkonsulat
       angeschrieben worden war, dort möglicherweise bekannt ist, berichteten der
       Spiegel und die Welt am Sonntag. Laut Spiegel reagierte die US-Seite aber
       nicht.
       
       ## Kritik an „transatlantischem Duckmäusertum“
       
       Die SPD beantragte für diese Woche eine Sondersitzung des Parlamentarischen
       Kontrollgremiums. Auch müsse die Spionageabwehr von
       Bundesnachrichtendienst, Bundesamt für Verfassungsschutz und
       Bundeskriminalamt in alle Richtungen verbessert und verstärkt werden, sagte
       die SPD-Innenexpertin Eva Högl dem Tagesspiegel am Sonntag.
       
       Die Linke-Vorsitzende Katja Kipping sieht die Verantwortung bei Kanzlerin
       Angela Merkel: „Das ist das Ergebnis von Merkels transatlantischem
       Duckmäusertum.“ Die Bundesregierung könne „die Verantwortung nicht über den
       Atlantik abschieben“. Sie müsse jetzt volle Transparenz darüber herstellen,
       welche Dokumente und Daten über den NSA-Ausschuss in deutschen
       Geheimdiensten kursierten.
       
       Der Fall scheint auch in der US-Regierung für Beunruhigung zu sorgen. Die
       "New York Times" zitierte am Wochenende einen Regierungsvertreter mit der
       Einschätzung, die Berichte über eine mindestens zweijährige
       Spionagetätigkeit des BND-Mitarbeiters drohten alle Reparaturarbeiten im
       deutsch-amerikanischen Verhältnis wieder zu zerstören.
       
       6 Jul 2014
       
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