# taz.de -- Gas-Fracking in Deutschland: Das Verbot wird erweitert
> Die Bundesregierung will keinen Fracking-Boom wie in den USA. Zu stark
> sind die Proteste von Wasserversorgern bis Bierbrauern. Sie fürchten
> Gefahren fürs Grundwasser.
IMG Bild: Fracking wird in Deutschland seit Jahren kontrovers diskutiert. Kritik stützt sich bisher auf journalistische Berichte aus den USA und die Doku „Gasland“.
BERLIN dpa | Die umstrittene unkonventionelle Gasförderung aus tiefen
Gesteinsschichten soll vorerst in Deutschland weitgehend verboten werden.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Umweltministerin Barbara
Hendricks (beide SPD) haben sich auf eine entsprechende Regelung zum
Gas-Fracking geeinigt.
"Fracking-Vorhaben zur Gasförderung aus Schiefer-und Kohleflözgestein
oberhalb von 3000 Metern werden durch das Wasserhaushaltsgesetz verboten",
heißt es in einem an die SPD-Bundestagsfraktion übermittelten
Eckpunktepapier, das der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt.
Eine Erprobung der besonders in USA angewandten Technologie solle es nur
geben, wenn die Frackflüssigkeit nicht das Grundwasser gefährdet. Das
weitgehende Verbot soll 2021 überprüft werden. "Wir wollen erreichen, dass
diese Debatte auf rationaler Grundlage und mit wissenschaftlich gewonnenen
Informationen geführt werden kann", betonen die Minister. "Der Schutz der
Gesundheit und der Schutz des Trinkwassers haben absolute Priorität."
## Keine klare Regelung in Deutschland
Bisher gibt es keine klare Regelung in Deutschland, weshalb akuter
Handlungsbedarf besteht. Im Zuge der Ukraine-Krise hatte zum Beispiel
EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) Fracking als Alternative zu
russischem Gas beworben.
Energiekonzerne wie Exxon Mobil wittern bereits ein gutes Geschäft. Bei der
Fracking-Technologie wird Gestein in mehreren tausend Metern Tiefe unter
Einsatz eines Gemisches aus Wasser, Sand und Chemikalien mit hohem
hydraulischen Druck aufgebrochen, um das Gas zu fördern. In den USA führte
das Verfahren zu einem Gas-Boom. Auch in Deutschland werden zum Beispiel in
Schiefergestein große Vorkommen vermutet - Studien zufolge könnte über zehn
Jahre der Bedarf gedeckt werden.
Nun soll aber Fracking jeglicher Art in Wasserschutz- und
Heilquellengebieten sowie in Einzugsbereichen von Talsperren und Seen
untersagt werden. Das Verbot könne auf Trinkwassergewinnungsgebiete
ausweitet werden. Konventionelle Fracking-Vorhaben bleiben aber
grundsätzlich möglich.
Solche Vorhaben würden seit den 1960er Jahren in Deutschland durchgeführt
„und dürfen schon heute und nach derzeit geltendem Berg- und Wasserrecht
keine Gefahr für die Gesundheit und das Trinkwasser hervorrufen“. Hier
würden trotzdem noch zusätzliche Regelungen eingeführt, "unter anderem darf
die eingesetzte Frackflüssigkeit insgesamt maximal schwach wassergefährdend
sein."
## Eine Gefahr für das Grundwasser?
Beim konventionellen Fracking wird in der Regel nur sehr tief nach unten
gebohrt bis zu Gasporen - beim unkonventionellen Fracking, wird hingegen
durch umfangreiche Querbohrungen das Gestein großflächig aufgebrochen. In
der Kritik stehen hier besonders die eingesetzten Stoffe, von denen das
Umweltbundesamt mehrere als sehr kritisch einstuft. Während Bohrungen beim
konventionellen Fracking bis fünf Kilometer tief gehen, findet die
unkonventionelle Förderung mit Querbohrungen meist oberhalb von 3000 Metern
statt.
Mit der Regelung werde es das unkonventionelle Fracking zur Förderung von
Schiefer- und Kohleflöz-Gas zu wirtschaftlichen Zwecken auf absehbare Zeit
in Deutschland nicht geben, betonten Gabriel und Hendricks. Eine breite
Protestfront von Wasserversorgern bis hin zu Bierbrauern fürchtet durch den
Einsatz giftiger Chemikalien eine Gefahr für das Grundwasser.
Ursprünglich war ein Kabinettsbeschluss noch vor der Sommerpause geplant
gewesen, nun soll das Bundeskabinett Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz
und Änderungen bei bergbaulichen Vorhaben nach der Sommerpause auf den Weg
bringen. Generell soll künftig gelten, dass bei allen Tiefbohrungen
umfassende Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt werden müssen und
eine Schädigung des Grundwassers im Einzugsbereich von öffentlichen
Wasserentnahmestellen oder zur Verwendung in Lebensmitteln (Bier und
Mineralwasser) ausgeschlossen ist.
Diese Vorgaben würden auch für zurückgeförderte Frackflüssigkeiten und das
Lagerstättenwasser gelten. Darüber hinaus könnten die Länder noch strengere
Regeln erlassen, heißt es in den Eckpunkten der beiden Minister.
4 Jul 2014
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