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       # taz.de -- Staatsbürgerschaft in Deutschland: Doppelt gemogelt hält besser
       
       > Nur in Deutschland aufgewachsene Zuwandererkinder dürfen jetzt dauerhaft
       > zwei Staatsangehörigkeiten besitzen. Gleichzeitig wurde das Asylrecht
       > verschärft.
       
   IMG Bild: Da freut sich der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Baden-Württembergs.
       
       BERLIN dpa | Die in Deutschland geborenen Kinder von ausländischen Eltern
       dürfen künftig dauerhaft zwei Pässe besitzen. Mit den Stimmen von Union und
       SPD verabschiedete der Bundestag am Donnerstagabend ein Gesetz, mit dem die
       Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft ausgeweitet wird.
       
       Zuwanderer-Kinder können in Zukunft zwei Staatsangehörigkeiten haben, wenn
       sie in Deutschland geboren sind und bis zum 21. Geburtstag mindestens acht
       Jahre im Land gelebt oder hier sechs Jahre lang eine Schule besucht haben.
       In den allermeisten Fällen profitieren Kinder aus türkischen Familien von
       der Regelung.
       
       Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sprach
       von der „wichtigsten Reform des Staatsangehörigkeitsrechts seit 1999“.
       Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sieht darin ein wichtiges Signal an
       die Betroffenen: „Ihr gehört zu Deutschland (...) nicht nur beim Public
       Viewing, sondern auch auf dem Amt.“ Die Opposition hält die Reform hingegen
       für halbherzig und fordert die komplette Abschaffung der sogenannten
       Optionspflicht.
       
       Kinder aus Zuwanderer-Familien, die in Deutschland geboren wurden, erhalten
       nämlich schon seit dem Jahr 2000 automatisch zwei Staatsangehörigkeiten -
       doch spätestens mit 23 Jahren mussten sie sich bislang entscheiden, ob sie
       den deutschen Pass behalten wollen oder den des Herkunftslandes ihrer
       Eltern. Ausnahmen gab es zwar für EU-Bürger und eine Reihe von anderen
       Nationalitäten, doch vor allem für die zahlreichen Deutsch-Türken war der
       „Doppelpass“ bislang nur bis zum 23. Geburtstag erlaubt.
       
       ## Das Glas ist halbvoll
       
       Nach langem Ringen hatten sich Union und SPD darauf verständigt, diese
       Optionspflicht abzuschaffen - allerdings nur für jene jungen Leute, die in
       Deutschland aufgewachsen sind. „Es wird auch allen Unkenrufen zum Trotz in
       Zukunft in Deutschland keinen generellen Doppelpass geben“, betonte der
       innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Stephan Mayer (CSU).
       
       Doch genau diese Einschränkung stößt bei der Opposition auf massive Kritik.
       „Es gibt nach unserer Verfassung keine Deutschen unterschiedlichen Rechts“,
       betonte der Grünen-Innenpolitiker Volker Beck. Sevim Dagdelen von der
       Linken warf der Union vor, sie beharre aus ideologischer Borniertheit auf
       dem überholten Dogma der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit.
       
       Der SPD-Innenexperte Rüdiger Veit räumte ein, seine Fraktion hätte sich
       auch eine generelle Hinnahme der Mehrstaatlichkeit gewünscht - die
       Vereinbarung mit CDU und CSU sei aber kein schlechter Kompromiss. „Aus
       unserer Sicht ist dieses Glas nicht halbleer, sondern deutlich mehr als
       halbvoll.“ Seine Parteikollegin Özoguz ergänzte: „Genau zehn Jahre nach dem
       Zuwanderungsgesetz bekennt sich Deutschland zu den Kindern seiner
       Einwanderer.“
       
       Die Ausweitung der doppelten Staatsbürgerschaft hatte die SPD in den
       Koalitionsverhandlungen mit CDU und CSU durchgesetzt. Im Gegenzug trugen
       die Sozialdemokraten die unmittelbar zuvor im Bundestag beschlossene
       Verschärfung des Asylrechts mit.
       
       4 Jul 2014
       
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