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       # taz.de -- Bezirk einigt sich mit Flüchtlingen: Immerhin, ein Papier
       
       > Kreuzbergs Stadtrat Panhoff zeigt sich erleichtert über die Einigung
       > zwischen Flüchtlingen und Bezirk. Piraten und Linke fordern seine Abwahl.
       
   IMG Bild: Das ist das Ergebnis: Ein Flüchtling zeigt das Einigungspapier
       
       Die Erleichterung war Hans Panhoff ins Gesicht geschrieben, als er am
       Donnerstag vor die Presse trat. Turbulente Tage liegen hinter dem grünen
       Stadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, der am Dienstag im Alleingang bei
       der Polizei einen Räumungsantrag für die besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule
       gestellt hatte. Viel Kritik, nicht nur aus den eigenen Reihen, muss er
       dafür einstecken. Linkspartei und Piraten haben im Bezirksparlament einen
       Abwahlantrag gegen den Baustadtrat eingebracht. Panhoff indes fühlt sich
       bestätigt: „Nur durch Druck ist es gelungen, die Verhandlungen zu einem
       Ergebnis zu führen.“
       
       Am späten Mittwochabend hatten Flüchtlinge und Bezirksamt ein
       Einigungspapier ([1][PDF]) unterzeichnet. Der Konflikt mit den rund 40
       Flüchtlingen, von denen einige seit Tagen auf dem Dach der Hauptmannschule
       ausgeharrt hatten, hatte so ein friedliches Ende gefunden. Die Besetzer
       hatten sich im Unterschied zu 200 weiteren Hausbewohnern geweigert, in vom
       Senat zur Verfügung gestellte Unterkünfte umzuziehen.
       
       Am Donnerstag sagte Panhoff vor der Presse, er könne nicht genau sagen, für
       wie viele Personen genau das Einigungspapier gelte. „Wir kennen die genaue
       Zahl nicht.“ Man gehe aber von rund 40 Flüchtlingen in der Schule aus. Nur
       die Vermittler, vor allem die Grünen Canan Bayram und Christian Ströbele,
       hätten in den letzten Tagen direkten Kontakt aufnehmen können. 13
       Wortführer der verschiedenen Gruppen hätten das Einigungspapier
       Mittwochnacht schließlich unterschrieben, so Panhoff. Er sei überzeugt,
       dass es sich dabei um eine Willensbildung des ganzen Hauses handele.
       
       Das unter Zeitdruck entstandene Papier bilde nur einen Rahmen ab, es werde
       in den nächsten Tagen präzisiert. Die Flüchtlinge könnten in der dritten
       Etage wohnen bleiben. Anbieten würden sich der Südflügel, weil dieser mit
       einem Nebeneingang Anschluss zur Reichenberger Straße habe. Türen und
       Fenster würden gegen eine Neubesetzung gesichert. Wenn die Polizei
       abgezogen sei, werde ein privater Wachschutz die Kontrolle übernehmen. Die
       Flüchtlinge würden so schnell wie möglich einen Hausausweis erhalten.
       Eingangskontrolle und Hausausweise hätten diese auch selbst gewünscht.
       
       „Sie wollen selbst, dass der wilde Nachzug ein Ende hat und Strukturen in
       das Haus reinbringen“, sagte der Baustadtrat. Panhoff hatte monatelang mit
       den mehr als 200 Hausbewohnern über einen freiwilligen Auszug verhandelt.
       Teile der Gruppe, die nun im Haus bleiben kann, gehören ihm zufolge zu den
       Urbesetzern der Hauptmannschule. Die Schule war im Winter 2012 von
       Flüchtlingen besetzt worden, die den Demonstrationsmarsch von Bayern nach
       Berlin mitgemacht hatten und auf dem Oranienplatz kampiert hatten.
       
       Als Zeichen, dass er den Vertrag ernst meint, will Panhoff nun als erstes
       Duschen im dritten Stock einbauen lassen. Die hygienischen Zustände in der
       Schule waren fatal.Auch das Dach dürfen die Flüchtlinge einstweilen wegen
       seiner Symbolkraft weiter als Protestplattform nutzen. Gleiches gilt nach
       Absprache mit dem Bezirk auch für die Aula und den Pavillon. Eine
       gastronomische Nutzung des Pavillons schloss Panhoff aber aus.
       Mittelfristig will der Bezirk ein Flüchtlingszentrum mit 70 Wohnplätzen
       einrichten. Ein selbstverwaltetes Haus, wie ursprünglich von den Besetzern
       gefordert, wird es laut Panhoff nicht geben.
       
       Finanziell sollen die Flüchtlinge die gleichen Zuwendungen bekommen, wie
       die 200 in Senatsunterkünfte Umgesiedelten. Panhoff betonte allerdings
       auch: Sosehr der Bezirk die Forderungen der Flüchtlinge nach Klärung ihres
       Aufenthaltsstatus und ein Bleiberecht unterstütze – „wir als der Bezirk
       können das nicht erfüllen“.
       
       Innensenator Frank Henkel (CDU) teilte mit, er halte es persönlich für
       falsch, Besetzer für ihr Verhalten zu belohnen. „Für mich bleibt es bei der
       klaren Linie, dass es aufenthaltsrechtlich keinen Spielraum für eine
       Vorzugsbehandlung geben kann und geben wird.“ Kreuzbergs
       Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) habe durch ihr monatelanges
       Wegducken und ihren unberechenbaren Kurs einen enorm teuren Polizeieinsatz
       zu verantworten.
       
       Vor der Hauptmannschule wurden die Absperrgitter am Donnerstag weitgehend
       entfernt. Ein privater Wachschutz sichert aber weiterhin den Eingang zur
       Schule. Die vom Bezirk versprochenen Hausausweise ließen am Donnerstag
       indes noch auf sich warten: Zwei Flüchtlinge, die ins Gebäude wollten, um
       private Sachen zu holen, wurden abgewiesen.
       
       Die Polizei war am Nachmittag nur noch mit etwa 20 BeamtInnen direkt vor
       Ort. Eine kleine Gruppe UnterstützerInnen harrte derweil trotzdem noch vor
       dem Tor der Schule aus. „Das ist doch eine Verarschung“, sagt einer, „es
       ist nichts gewonnen.“ Mitarbeit: Hilke Rusch
       
       3 Jul 2014
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Plutonia Plarre
       
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