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       # taz.de -- Versuchte Flüchtlingsräumung in Berlin: Kontrabass unterm Morgenhimmel
       
       > In Berlin-Kreuzberg ist es über Nacht ruhig geblieben: Die von vielen
       > Blockierern befürchtete Räumung der besetzten Schule blieb aus.
       
   IMG Bild: Hier ist nicht viel los: Schuldach mit Transparenten.
       
       BERLIN taz/dpa | Am frühen Morgen um kurz vor Fünf sind in Berlin – anders
       als noch am Abend von vielen befürchtet – weder Hubschrauber noch
       Polizeiwagen zu hören. Stattdessen die Klänge eines Kontrabasses. Unter dem
       wolkenlos blauen Morgenhimmel spielen leise noch immer Bands an der
       Kreuzung, auf der Straße erwachen die gut 100 DemonstrantInnen, die an dem
       Blockadepunkt über Nacht ausgeharrt haben. Letzte Biere, erste Kaffees
       werden getrunken, Frühstückscafès machen frühe Geschäfte, PolizistInnen und
       Protestierende stehen einträchtig nebeneinander in den Warteschlangen.
       
       Noch immer ist unklar, wann Polizeieinheiten das von Flüchtlingen besetzte
       Schulgebäude in Berlin-Kreuzberg räumen werden. [1][Innensenator Frank
       Henkel] (CDU) sagte am Dienstag in der rbb-Abendschau, die Polizei werde
       taktische Überlegungen anstellen, wie ihr Räumungsauftrag umzusetzen sei.
       Er sei sicher, dass die Polizei mit Besonnenheit und Professionalität an
       die Aufgabe herangehe.
       
       Zuvor hatte der Baustadtrat des Bezirks, Hans Panhoff (Grüne), die
       Erwartung geäußert, dass es weiterhin die Chance für eine friedliche Lösung
       geben werde. Der Grünen-Politiker hat die Vorstellung, dass die Besetzer
       das Gebäude nicht gänzlich verlassen müssen, sondern in bestimmten Räumen
       bleiben können.
       
       Am Dienstagabend hatte sich die Stimmung an den Blockadepunkten rund um die
       besetzte Schule in der Ohlauer Straße beruhigt. Auch an der Kreuzung, wo es
       am späten Nachmittag zu gewaltsamen Polizeieinsätzen gekommen war, als
       SitzblockiererInnen die Durchfahrt von Polizeiwagen verhindern wollten,
       entspannte sich die Lage – sowohl die Polizeiwagen wie auch die
       BlockiererInnen waren verschwunden.
       
       An der Kreuzung zur Ohlauer Straße herrschte beinahe Volksfeststimmung.
       Außerhalb der Polizeiabsperrung spielten Bands auf einer improvisierten
       Bühne und zogen das Publikum aus den umliegenden Bars und Kneipen an.
       Innerhalb des gesperrten Gebiets riefen AnwohnerInnen zu einem spontanen
       Nachbarschaftsfest auf. Auch die Polizei war merklich entspannter und nahm
       es gelassen, als mit einem Schaumstoffball über ihre Köpfe und die
       Blockadezäune hinweg gespielt wurde.
       
       ## Wo ist die Ohlauer Straße?
       
       Die Zahl der PolizistInnen reduzierte sich am Abend deutlich, nach wie vor
       waren viele Nichtberliner darunter. Einer, der an einer Absperrung die
       Personalausweise Zugang begehrender AnwohnerInnen kontrollierte, sorgt
       unter den Umstehenden für Erheiterung mit der Frage, ob vielleicht jemand
       wisse, wo die Ohlauer Straße sei.
       
       Um 22 Uhr drehten die Protestler dann ganz ohne Aufforderung der Polizei
       die Boxen leiser. Von einem Hausdach in der Reichenberger Straße gingen
       einige Raketen in die Luft, das kleine Feuerwerk wird von einem
       Geburtstagsständchen für einen der Besetzer in der Schule begleitet.
       Nachbarn applaudieren von Balkons.
       
       2 Jul 2014
       
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