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       # taz.de -- Anti-Linksextremismus-Programm: Zielgruppe nicht erreicht
       
       > Familienministerin Schwesig schafft das Programm ihrer Vorgängerin wieder
       > ab. Sie setzt den Fokus auf den Kampf gegen Neonazis und Gewalt.
       
   IMG Bild: Nicht extrem, sondern moderat lächelt Manuela Schwesig (r.) mit Vorgängerin Kristina Schröder (l.) fürs Foto.
       
       BERLIN taz | Wo immer Geld gegen Rechtsextremismus ausgegeben wird, müssen
       auch Mittel gegen Linksextremismus zur Verfügung gestellt werden. Das war
       in etwa die Logik der schwarz-gelben Bundesregierung. Das führte teils zu
       bemerkenswerten Ergebnissen, wie eine Statistik des
       Bundesjustizministeriums belegt.
       
       Demnach wurde bis Ende 2013 aus einem eingerichteten Opferfonds „noch keine
       Härteleistung aufgrund eines linksextremistisch motivierten Übergriffs
       zugesprochen“. Das teilte das Ministerium auf Anfrage der
       Grünen-Abgeordneten Monika Lazar mit. Pikant: Laut dem Ressort versuchten
       „vereinzelt“ gar verurteilte rechte Schläger – als vermeintliche Opfer
       linker Gewalt – Geld aus dem staatlichen Opferfonds zu kassieren. Diese
       Anträge seien aber abgelehnt worden. Für Lazar ein Grund mehr, sich von den
       „ideologischen Altlasten“ der früheren Familienministerin Kristina Schröder
       (CDU) zu befreien und Fördergeld „realitätsgerecht“ zu verteilen.
       
       Schröders Nachfolgerin fängt damit nun an. Sie konzipiert die Projektarbeit
       um: „Die bisherigen Programme gegen Linksextremismus waren einfach nicht
       erfolgreich“, bilanzierte Manuela Schwesig (SPD) am Dienstag bei einer
       Fachtagung in Berlin. „Sie haben die Zielgruppe nicht erreicht und die
       Probleme nicht getroffen.“ Für das umstrittene, von Fachleuten als
       mangelhaft beurteilte Programm gegen Linksextremismus werde ihr Haus keine
       weiteren Millionen ausgeben.
       
       Stattdessen will das Ministerium ab 2015 ein neues Gesamtprogramm starten –
       „gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“. Es greift
       einige Forderungen aus dem Abschlussbericht des
       NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag auf. So wird ein Großteil des
       Geldes nicht mehr nur auf ein Jahr befristet vergeben. Die Projekte
       bekommen nun eine Laufzeit von fünf Jahren. Damit müssten renommierte
       Träger zukünftig nicht mehr einen guten Teil ihrer Energie für das
       Verfassen von Förderanträgen und die Mittelakquise verschwenden.
       
       Insgesamt allerdings gibt das Ministerium mit 30,5 Millionen Euro kaum mehr
       aus als bisher – entgegen dem Koalitionsvertrag. „Keine Frage, in diesem
       Bereich geht immer mehr“, räumte Schwesig ein. Es sei ihr aber wichtiger
       gewesen, zunächst das Programm umzustrukturieren. „Eventuell schon 2015,
       spätestens 2016“ hoffe sie auf einen finanziellen Nachschlag.
       
       Timo Reinfrank von der Amadeu-Antonio-Stiftung sieht das Programm als
       „Fortschritt“. Enttäuscht ist er jedoch vom Budget. Denn gerade die SPD
       hatte im Wahlkampf deutlich mehr Geld versprochen. Daraus wird nun vorerst
       nichts. Zugleich aber sollen die bisher vorrangig in Ostdeutschland
       angesiedelten Initiativen nach Westen expandieren. Bei gleich bleibendem
       Etat werde das „auf Kosten der einmaligen Modellprojekte gehen“, warnt
       Reinfrank. Eine Vielzahl der bisher gut 50 Projekte stehe damit vor dem
       Aus. Seine Stiftung fordert deshalb eine massive Erhöhung des Förderetats
       auf 70 Millionen Euro.
       
       2 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Astrid Geisler
       
       ## TAGS
       
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