URI: 
       # taz.de -- Schleswig-Holsteins Bundesratsinitiative: Ganz große Koalition will Fracking-Verbot
       
       > Die umstrittene Methode zur Förderung von Erdgas soll zumindest auf dem
       > Papier verboten werden. Umweltschützer sprechen von „Täuschung der
       > Öffentlichkeit“.
       
   IMG Bild: Bohrfeld in Saal in Mecklenburg-Vorpommern: Auch hier wird gegen Fracking protestiert - und auf ein Verbot gehofft.
       
       HAMBURG/HANNOVER taz | Ein Verbot des umstrittenen Frackings rückt
       zumindest formell näher. Schleswig-Holstein wird mit Hessen und
       Baden-Württemberg eine Initiative dafür in den Bundesrat einbringen. Das
       Kabinett in Kiel hat am Dienstag die entsprechende Vorlage gebilligt. „Wir
       brauchen eine klare Regelung, um Fracking mit umwelttoxischen Substanzen
       auszuschließen“, sagte der grüne Energie- und Umweltminister Robert Habeck.
       
       Kernpunkt des Antrags ist die Forderung, den Einsatz von giftigen
       Chemikalien zu verbieten, die beim Fracking benutzt werden (siehe Kasten).
       Zudem sollen erstmals Umweltverträglichkeitsprüfungen verbindlich
       vorgeschrieben werden.
       
       Darüber hinaus sollen die Antragsverfahren nicht mehr hinter den
       verschlossenen Türen des niedersächsischen Landesamtes für Bergbau, Energie
       und Geologie (LBEG) durchgeführt werden, das für ganz Norddeutschland
       zuständig ist. Stattdessen sollen sie öffentlich werden sowie
       Mitspracherechte der betroffenen Kommunen sichern. Dem noch aus Kaisers
       Zeiten stammenden Bundesbergrecht müsse „ein demokratischer Geist
       eingehaucht werden, auch die Umwelt muss zu ihrem Recht kommen“, so Habeck.
       
       Diese Bundesratsinitiative war im Grundsatz bereits Anfang Mai auf einer
       Konferenz in Konstanz von allen deutschen UmweltministerInnen einmütig
       beschlossen worden. Das von der Dänenampel aus SPD, Grünen und SSW regierte
       Schleswig-Holstein war beauftragt worden, zusammen mit Hessen
       (Schwarz-Grün) und Baden-Württemberg (Grün-Rot) einen parteiübergreifenden
       und auch für die schwarz-rote Bundesregierung akzeptablen Antrag
       auszuarbeiten. Dieser liegt nun vor, die Zustimmung in Bundesrat und
       Bundestag gilt als sehr wahrscheinlich.
       
       Ergänzend kündigte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) an, das
       Wasserhaushaltsgesetz so zu ändern, dass bundesweit große Wasserschutzzonen
       entstehen, in denen es kein Fracking geben darf – etwa bei
       Trinkwasserspeichern, Talsperren und in Naturschutzgebieten, aber auch bei
       privaten Mineralquellen oder Brunnen von Brauereien. „Dadurch entsteht ein
       faktisches Moratorium“, sagte Hendricks.
       
       Für „Augenwischerei“ halten die Bundesratsinitiative dagegen
       Umweltschützer. „Das ist eine Täuschung der Öffentlichkeit“, sagt Oliver
       Kalusch vom Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). So sei in
       der Initiative nur von unkonventionellen Lagerstätten die Rede.
       
       Allerdings sei dieser Begriff etwa in Niedersachsen als Hauptförderland von
       Erdgas in der Bundesrepublik „umdefiniert“ worden, kritisiert Kalusch: „Bis
       vor wenigen Jahren galten die häufig vorkommenden Gasvorkommen in Sandstein
       als unkonventionell. Jetzt nennt sie der grüne Umweltminister Stefan Wenzel
       konventionell.“
       
       Außerdem sei der Begriff der „umwelttoxischen Substanzen“ ungenau: „Das ist
       keine Formulierung des Chemikalienrechts“, sagt Kalusch: Seine Befürchtung:
       „In Niedersachsen kann wie bisher weiter gefrackt werden.“
       
       Ungefährlich sei das nicht, meint auch der stellvertretende Geschäftsführer
       des Umweltverbands BUND in Niedersachsen, Stefan Ott. Zwar seien
       Sandsteinformationen zwischen Küste und Harz bereits mehr als 300 Mal
       gefrackt worden. „Doch die Auswirkungen auf Umwelt und Grundwasser hat
       niemand genau untersucht.“
       
       Trotzdem sei ein generelles Verbot von Fracking im Hauptförderland
       Niedersachsen gegen den Widerstand der SPD offenbar nicht durchsetzbar,
       sagt Ott: „Aus der Förderabgabe für Erdgas werden in diesem Jahr mehr als
       400 Millionen Euro fließen.“
       
       1 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven-Michael Veit
   DIR Andreas Wyputta
       
       ## TAGS
       
   DIR Schleswig-Holstein
   DIR Fracking
   DIR Bund
   DIR Großbritannien
   DIR Fracking
   DIR Fracking
   DIR Gasförderung
   DIR Fracking
   DIR Ölbohrung
   DIR Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR London erlaubt Fracking wieder: Hälfte des Landes freigegeben
       
       Zum ersten Mal seit sechs Jahren erlaubt die Regierung wieder die
       umstrittene Förderung von Öl und Erdgas. Auch Naturschutzgebiete sind
       betroffen.
       
   DIR Warnung vor Fracking-Folgen: Bierbrauer sorgen sich ums Bier
       
       Trinkwasserbrunnen sollen gesetzlichen Schutz vor Fracking genießen. Das
       reiche jedoch nicht aus, warnt unter anderem Deutschlands Bierlobby.
       
   DIR SPD-Minister mit Fracking-Papier: Ein wenig dagegen, ein wenig dafür
       
       Sigmar Gabriel und Barbara Hendricks wollen das umstrittene Fracking
       teilweise erlauben. Umweltschützer warnen vor „Schlupflöchern“.
       
   DIR Gas-Fracking in Deutschland: Das Verbot wird erweitert
       
       Die Bundesregierung will keinen Fracking-Boom wie in den USA. Zu stark sind
       die Proteste von Wasserversorgern bis Bierbrauern. Sie fürchten Gefahren
       fürs Grundwasser.
       
   DIR Klüngelei mit Fracking-Gegnern: Nato enthüllt Putins neue Waffe
       
       Nato-Generalsekretär Rasmussen behauptet, Moskau unterstütze
       Anti-Fracking-Aktivisten – um Europa abhängig von russischem Erdgas zu
       halten.
       
   DIR Umstrittene Fördermethode: Minister Wenzel will Fracking bändigen
       
       Ein Erlass ermöglicht es, die bisherige Gasförderung in Niedersachsen mit
       Auflagen fortzusetzen. Die Förderung aus Schiefer und Kohleflözen wird aber
       verboten. Umweltverbände protestieren
       
   DIR Ölbohrungen an der Ostseeküste: Bloß nicht Fracking sagen
       
       An der Ostseeküste wird nach Öl gebohrt. Die ausführende Firma sagt, es sei
       kein Fracking. Bürgerinitiativen vor Ort zweifeln das an.
       
   DIR Kommentar Gaslieferung in die Ukraine: Fata Morgana Fracking-Offensive
       
       Die Europäer sind auf russisches Gas angewiesen. Da hilft der hektische
       Ausbau von Fracking gar nichts. Aber auch Gazprom braucht Europa.
       
   DIR Gasförderung: Quecksilber am Bohrloch
       
       Der Naturschutzbund hat hohe Giftkonzentrationen an Erdgas-Bohrstellen in
       der Lüneburger Heide gefunden.