# taz.de -- Kommentar Ausnahmen vom Mindestlohn: Kein Ausdruck von Gerechtigkeit
> Die Versuche, das Mindestlohngesetz aufzuweichen, sind Ausdruck von purem
> Lobbyismus. Und sie zeigen, wie breit der Billiglohnsektor geworden ist.
IMG Bild: MinijobberInnen stehen mit der allgemeinen Lohnuntergrenze vergleichsweise gut da.
Es wird ein historischer Akt sein, wenn am Donnerstag eine gesetzliche
Lohnuntergrenze verabschiedet wird von 8,50 Euro brutto in der Stunde.
Jetzt, im Vorfeld der Abstimmung, in den Versuchen der Lobbyisten, noch
diese und jene Ausnahme in das Gesetz hineinzuschmuggeln, zeigt sich,
welche Panik herrscht. Die Debatte enthüllt schlaglichtartig, wie breit der
Billiglohnsektor in einem der reichsten Länder der Erde geworden ist, mit
ApfelpflückerInnen, Aushilfskellnern, FilmpraktikantInnen,
ZeitungsausträgerInnen und Hühnchenentbeinern.
Die Ausnahmen, die jetzt verhandelt werden, sind dabei Ausdruck von purem
Lobbyismus und nicht etwa von Gerechtigkeit. So sollen Zeitungsvertriebe
den Mindestlohn von 8,50 Euro für ihre ZustellerInnen erst mit zeitlicher
Verzögerung zahlen müssen, da werden sich die Arbeitgeber im Gastgewerbe
fragen, warum sie das nicht auch dürfen nach der verfassungsrechtlich
garantierten Gleichbehandlung.
Die Lohnuntergrenze wird zudem Nebenwirkungen haben. So vermindert ein
Mindestlohn die Entgeltunterschiede im Betrieb, wenn etwa der Spüler in der
Küche dann genauso viel bekommt wie die qualifizierte Servicekraft im
Restaurant. MinijobberInnen stehen mit der allgemeinen Lohnuntergrenze
vergleichsweise gut da, denn ihr Brutto von 8,50 Euro bringt ihnen die
gleiche Summe im Netto – sozialversicherungspflichtig Beschäftigte hingegen
müssen hohe Abgaben zahlen. Manche Effekte sind nicht wünschenswert, aber
man wird sie hinnehmen müssen.
Jede vierte erwerbstätige Frau wird vom Mindestlohn profitieren, erklärt
der Deutsche Frauenrat mit Verweis auf entsprechende Rechnungen. Der
Mindestlohn in Deutschland hat eine Tragweite, die er bei der Einführung in
Großbritannien vor vielen Jahren nicht hatte. Mit allen Risiken und
Nebenwirkungen. Doch die Wirtschaftslage ist gut. Ein besserer Zeitpunkt
für die Einführung einer Lohnuntergrenze wäre nicht gekommen.
30 Jun 2014
## AUTOREN
DIR Barbara Dribbusch
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