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       # taz.de -- Isis-Dschihadisten im Irak: Kampf um Tikrit
       
       > Die Isis-Milizen rufen ein grenzübergreifendes Kalifat aus. Derweil gibt
       > es aus der strategisch wichtigen Stadt Tikrit unterschiedliche
       > Informationen.
       
   IMG Bild: Ein Checkpoint in der Nähe der nordirakischen Stadt Beiji
       
       TIKRIT/WASHINGTON ap/dpa | Im Irak lieferten sich die irakische Armee und
       Isis-Milizen am Wochenende schwere Kämpfe um die Stadt Tikrit.
       Widersprüchliche Berichte gab es über die militärische Lage. Die BBC
       meldete unter Berufung auf Augenzeugen, die Armee habe sich wegen großen
       Widerstands südlich von Tikrit zurückziehen müssen.
       
       Das regierungstreue Nachrichtenportal Al-Sumeria berichtete dagegen, die
       Armee sei tiefer in die Stadt eingedrungen und habe große Teile von
       Aufständischen „gesäubert“. Die Offensive werde fortgesetzt, um die
       Isis-Kämpfer zur Aufgabe zu zwingen. Die Angaben ließen sich von
       unabhängiger Seite nicht überprüfen.
       
       Die irakische Armee hatte am Wochenende eine Offensive begonnen, um die 170
       Kilometer nordwestlich von Bagdad gelegene Stadt zu befreien. Kämpfer der
       extremistischen Sunnitengruppe Islamischer Staat im Irak und in Syrine
       (Isis) hatten sie am 11. Juni eingenommen. Tikrit ist strategisch wichtig,
       da die Stadt an einer Hauptverbindungslinie zwischen dem Norden des Irak
       und der Hauptstadt Bagdad liegt.
       
       In Bagdad traf am Sonntag die erste Lieferung von fünf gebrauchten
       russischen Kampfflugzeugen zur Unterstützung der Regierungstruppen ein. Die
       Maschinen des Typs Suchoi Su-25 seien bald einsatzbereit, teilte das
       Verteidigungsministerium mit.
       
       ## Muslime müssen Gefolgschaft schwören
       
       Nach ihrem Vormarsch in Syrien und im Irak hat Isis ein grenzübergreifendes
       Kalifat ausgerufen. Zum Kalifen wurde der Anführer der Terrorgruppe, Abu
       Bakr al-Baghdadi, bestimmt. Alle Muslime müssten ihm Gefolgschaft schwören,
       hieß es am Sonntag in einer Audiobotschaft eines Isis-Sprechers. Ein
       Kalifat ist ein auf islamischen Gesetzen basierendes Staatswesen, in dem
       die weltliche und religiöse Führung in einer Hand liegen.
       
       Laut der Audiobotschaft benannte sich Isis, die Kurzform für Islamischer
       Staat im Irak und Syrien, zudem in „Islamischer Staat“ um. Die
       Authentizität der Aufnahme ließ sich zunächst nicht überprüfen. Die
       Islamisten sorgten ferner mit einer neuen Gräueltat für Entsetzen.
       
       Die sunnitischen Milizen kontrollieren einige Regionen im Bürgerkriegsland
       Syrien und ist seit Anfang Juni auch im Irak auf dem Vormarsch. Dort hat
       sie im Norden und Westen des Landes weite Teile eingenommen. Mit der
       Ausrufung eines Kalifats nimmt die Gruppe Bezug auf die islamischen Reiche
       in der Nachfolge des Propheten Muhammad. Das letzte Kalifat hatte die
       türkische Regierung 1924 nach dem Ende des Osmanischen Reiches abgeschafft.
       
       Isis war ursprünglich ein Ableger des Terrornetzwerkes Al-Qaida. In diesem
       Frühjahr kam es jedoch zum Bruch. Nach Einschätzung von Experten kämpfen
       beide Gruppen nun um die Vormachtstellung in der Dschihad-Bewegung. Die
       Isis-Milizen gehen äußerst grausam vor. Nahe Aleppo im Norden Syriens
       richteten ihre Kämpfer acht Männer öffentlich hin und kreuzigten sie, wie
       die oppositionelle Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz
       in Großbritannien berichtete. UN-Generalsekretär Ban rief alle
       Konfliktparteien zum Schutz von Zivilisten und zur Wahrung der
       Menschenrechte auf.
       
       ## Internationale Gemeinschaft
       
       Die US-Regierung hat die internationale Gemeinschaft zum vereinten Kampf
       gegen die Bedrohung durch die sunnitischen Extremisten des Islamischen
       Staates im Irak und in Syrien vorzugehen. „Die Strategie von Isis, ein
       Kalifat in der Region zu errichten, war absehbar. Deswegen ist jetzt der
       kritische Moment für die internationale Gemeinschaft gekommen, vereint
       gegen Isis und deren Vorrücken zu stehen“, sagte Außenamtssprecherin Jen
       Psaki.
       
       US-Präsident Obama warnte vor „Dschihad-Touristen“. Europäer, die zum
       Kämpfen in die Region reisten, könnten auch eine Gefahr für die Sicherheit
       Amerikas darstellen. Die Dschihadisten sammelten in Syrien und nun im Irak
       Kampferfahrung, sagte er am Sonntag im Fernsehsender ABC-News. „Dann kommen
       sie zurück. Sie haben europäische Pässe. Sie brauchen kein Visum, um in die
       Vereinigten Staaten einzureisen“, warnte Obama.
       
       Es sei daher wichtig, dass die USA ihre Geheimdienst- und
       Überwachungsaktivitäten in der Region ausbauten. Spezialkommandos spielten
       eine große Rolle. „Und es wird Schläge gegen Organisationen geben, die uns
       gefährden könnten“, sagte Obama. Washington hat bereits 180 von 300
       Militärberater in den Irak geschickt, die Präsident Barack Obama zur
       Unterstützung der irakischen Truppen versprochen hatte. Die USA haben zudem
       bemannte und unbemannte Flugzeuge für Aufklärungsmissionen über dem Irak im
       Einsatz.
       
       30 Jun 2014
       
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