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       # taz.de -- Torlinientechnik auch bei der EM 2016?: Während der WM ist vor der Wahl
       
       > Fifa-Chef Blatter kündigt an, die Torlinientechnik solle auch bei der EM
       > 2016 in Frankreich zum Einsatz kommen. Das habe ihm Uefa-Boss Platini
       > erzählt.
       
   IMG Bild: Einst Freunde, nun Gegner: Fifa-Präsident Joseph Blatter und sein Pendant bei der Uefa, Michel Platini.
       
       RIO DE JANEIRO dpa | Zwei Wochen war Fifa-Boss Joseph Blatter abgetaucht.
       Pünktlich nach der Gruppenphase meldete er sich zu Wort und verkündete
       seine nach vielen Schiedsrichter-Fehlern populäre Idee zur Einführung des
       Videobeweises – und plauderte ganz beiläufig noch die vermeintlichen Pläne
       seines Widersachers für dessen EM-Turnier 2016 aus. „Ich habe mit
       UEFA-Präsident Michel Platini gesprochen, er hat mir gesagt, dass er
       Goal-Line-Technology bei der Europameisterschaft 2016 einführen wird“,
       verriet Blatter [1][in einem Interview] auf der Internetseite des
       Fußball-Weltverbandes.
       
       Platinis Wille zu einer Einführung der lange abgelehnten Torlinientechnik
       entbehrt nicht jeder Grundlage - doch von Blatter sollte sie gewiss nicht
       ausposaunt werden. „Der Präsident hat offiziell gesagt, dass er eine
       Einführung bei der Euro 2016 erwägt. Jedoch ist das nicht mit einem
       Fingerschnipsen zu erledigen. Es wird im Schiedsrichterkomitee diskutiert
       werden und muss immer noch vom Exekutivkomitee bestätigt werden“, sagte
       Uefa-Medienchef Pedro Pinto.
       
       Das nach dem Blatter-Vorstoß schnell verbreitete Statement ist auch der
       Versuch eines Seitenhiebs. Längst bestimmen die subtilen Anfeindungen der
       beiden Alphatiere jede Debatte. Und dabei hat sich Platini noch nicht
       erklärt, ob er in den heißen, aber wohl auch aussichtslosen Wahlkampf gegen
       Blatter um das FIFA-Präsidentenamt im Mai 2015 ziehen will.
       
       Das Sachthema Fußball und Technik hat Blatter jetzt jedenfalls für sich
       besetzt. Egal, wie Platini reagiert, ob er seine lange kultivierte Haltung
       gegen jede Technik aufgibt oder ein Bewahrer des Fußball-Purismus bleibt –
       er hinkt dem FIFA-Boss hinterher.
       
       ## Frankreich gegen Honduras
       
       In den Hintergrund wird dadurch gedrängt, dass Blatter eventuell sogar das
       Ziel haben könnte – den Fußball ein Stück gerechter zu machen. Das ist mit
       der Torlinientechnik gelungen, und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie,
       dass ausgerechnet Platinis Heimat-Team Frankreich durch ein anerkanntes Tor
       beim 3:0 gegen Honduras als erstes davon profitierte.
       
       Die Technik helfe den Schiedsrichtern, betonte Blatter, der aus dem
       Torklau-Desaster der WM 2010 gelernt hat. In Südafrika war er es, der nach
       dem fälschlicherweise aberkannten England-Tor gegen Deutschland (1:4) der
       Debatte hinterherlief und schließlich gegen seine Ursprungsüberzeugung die
       Torlinientechnik einführen musste.
       
       Jetzt geht Blatter lieber selbst voran. „Ich bin mir sicher, dass
       Profiligen folgen werden“, sagte er zur möglichen Einführung der
       Tortechnik, die in der Bundesliga gerade abgelehnt worden ist. Und Blatter
       marschiert noch weiter. Jetzt müsse man bei der technischen Unterstützung
       der Referees „einen Schritt weiter gehen“, forderte er. Aus diesem Grund
       konkretisierte Blatter seine Idee für eine weitere Revolution im Fußball.
       
       ## „Challenges“
       
       Der 78-Jährige will Trainern per Videobeweis zwei Einspruchsmöglichkeiten
       pro Halbzeit gewähren. Die Möglichkeit zu sogenannten „Challenges“ haben
       Trainer schon in anderen Sportarten wie Hockey oder American Football. Das
       erstmals bei einer WM-Endrunde eingesetzte Freistoßspray sei inzwischen
       auch „akzeptiert“, argumentiert Blatter. Im Fußball sollen Einsprüche nur
       möglich sein, wenn das Spiel bereits unterbrochen sei, erläuterte er.
       
       „Wenn es darum geht, ob es ein Elfmeter oder kein Elfmeter war, innerhalb
       oder außerhalb des Strafraums, ein Foul oder kein Foul, kann der Coach
       intervenieren.“ Das hatte Blatter selbst noch im vergangenen Jahr
       kategorisch ausgeschlossen. Der Unparteiische werde – so Blatters Idee –
       die Szene auf einem Monitor anhand der TV-Bilder beurteilen.
       
       Mit dieser Hilfe für die Referees solle es „mehr Gerechtigkeit“ geben,
       erklärte Blatter und führte damit seine Idee vom FIFA-Kongress am 11. Juni
       in São Paulo weiter aus. Die Versammlung der nationalen Fußball-Verbände
       hatte er schon zur Selbstdarstellung und zur Verkündung seiner erneuten
       Kandidatur genutzt. Danach hatte Platini die Männerfreundschaft mit seinem
       einstigen Förderer offiziell für beendet erklärt.
       
       28 Jun 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.fifa.com/worldcup/videos/y=2014/m=6/video=president-blatter-on-the-world-cup-so-far-2388178.html
       
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