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       # taz.de -- Ems-Stau vor Gericht: Urteil zur Unzeit
       
       > Die Umweltverbände haben erklärt, nicht mehr gegen die Stauung der Ems
       > vorzugehen. Aber in Oldenburg ist noch eine Klage anhängig.
       
   IMG Bild: Bald fertig zum Emsstauen: Meyers "Quantum of the seas".
       
       LEER taz | Am kommenden Montag entscheidet das Verwaltungsgericht
       Oldenburg, ob das neue Kreuzfahrtschiff der Papenburger Meyer-Werft, die
       „Quantum of the Seas“, im September durch die Ems gefädelt werden darf –
       unter Missachtung aller rechtlichen Voraussetzungen. Geklagt haben die
       Umweltverbände BUND, Nabu und WWF. Dumm nur: Die Naturschützer haben sich
       in einer „Absichtserklärung“ selbst verpflichtet, die Überführung nicht zu
       behindern.
       
       Der Sprecher des Nabu Niedersachsen, Ulrich Thüre, ist verwirrt: „Das
       Durcheinander muss zusammengeführt werden.“ Das wäre wünschenswert, denn so
       richtig versteht keiner mehr das Durcheinander um die Fluss-Rettung: Der
       Nabu ist Mitkläger gegen das Land Niedersachsen, genauer: den Landesbetrieb
       für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN). Niedersachsen möchte
       der Papenburger Werft genehmigen, ihr Kreuzfahrtschiff „Quantum of the
       Seas“ durch die Ems zur Nordsee zu überführen.
       
       Genau das hat das Land wiederum in einem Planfeststellungsbeschluss
       verboten: Für die Schiffsüberführung müsste die Ems durch das Stauwerk in
       Gandersum aufgestaut werden. Das darf aber nicht passieren, weil zu diesem
       Zeitpunkt die Ems praktisch tot ist. Der Stau würde auch Nester von
       Brutvögeln überschwemmen.
       
       Seit inzwischen 30 Jahren wird der Fluss ausgebaggert, begradigt und, ja:
       „meyerfähig“ gemacht. Mit dem Argument, 2.000 bis 3.000 Arbeitsplätze zu
       schaffen, hat die Werft bei Politik und Gewerkschaft bislang alle
       Forderungen durchgesetzt. Das Ergebnis: Die Werft blüht, die Ems verreckt.
       Seit Jahren wird an Projekten gebastelt, den Fluss zu reanimieren. Mit am
       Tisch sitzt immer – die Meyer-Werft.
       
       Im Schulterschluss mit allen jeweiligen Landesregierungen wurden zwar
       Millionen Euro für die Renaturierung der Ems ausgelobt, passiert ist
       allerdings so gut wie nichts. Das Geld ist im direkten Wortsinn
       abgeflossen, die offiziellen Umweltverbände haben resigniert und sich mit
       der Werft auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt.
       
       Die Klage der Umweltverbände vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg kommt da
       zur Unzeit. Denn gerade erst haben Meyer-Werft, Landesregierung,
       Emsanlieger und Umweltverbände eine „Absichtserklärung“ unterschrieben, in
       der sie verhandeln wollen, wie die Ems renaturiert werden könnte.
       Bestandteil ist, dass die Meyer-Werft nicht behindert wird und die
       Umweltverbände die Überführung der „Quantum of the Seas“ nicht torpedieren.
       „Es wird ja diskutiert, das diese Absichtserklärung das Papier nicht wert
       ist“, formuliert Ulrich Thüre vom Nabu Niedersachsen. Und: „ Dem ist nicht
       so. Wenn das Gericht in unserem Sinn entscheidet, stärken wir unser
       Verhandlungsposition für die Renaturierung der Ems.“ Die „Quantum“ wird
       trotzdem an die Nordsee überführt werden. Das erklärtermaßen „erste Schiff
       der Quantum-Klasse“ bricht alle technischen Rekorde der Meyer-Werft. Ob sie
       auch geltendes Recht bricht, entscheidet das Verwaltungsgericht.
       
       27 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas Schumacher
       
       ## TAGS
       
   DIR Meyer-Werft
   DIR Nabu
       
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