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       # taz.de -- Befragung Snowdens in Deutschland: Geht es nach Karlsruhe?
       
       > Union und SPD haben im NSA-Ausschuss gegen eine Befragung Snowdens
       > votiert. Die Opposition ist empört. Jetzt bleibt nur noch das
       > Verfassungsgericht.
       
   IMG Bild: Die Opposition will den Ex-NSA-Mitarbeiter nicht nur auf der Leinwand sehen, wie hier auf in der New York University.
       
       BERLIN dpa | Mit ihrer Mehrheit im NSA-Untersuchungsausschuss haben Union
       und SPD eine Befragung des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward
       Snowden in Deutschland vorerst verhindert. Das Gremium beschloss am
       Donnerstag gegen den Willen der Opposition, Snowden stattdessen am 11.
       September per Video an seinem aktuellen Aufenthaltsort zu befragen.
       
       Der Amerikaner hat vorübergehend Asyl in Russland. Eine Vernehmung dort hat
       er bislang aber klar abgelehnt. Nun ist offen, ob es überhaupt zu einer
       Vernehmung Snowdens kommen wird.
       
       Linke und Grüne reagierten empört, sprachen von einer Finte und einem
       Skandal. Sie prüfen nun eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht.
       
       Vor einem Jahr hatte Snowden ans Licht gebracht, dass der US-Geheimdienst
       NSA und andere ausländische Nachrichtendienste im großen Stil deutsche
       Daten abschöpfen. Er hatte vertrauliche Dokumente der National Security
       Agency (NSA) an Journalisten übergeben und die Überwachungspraxis so
       öffentlich gemacht. Die USA suchen ihn per Haftbefehl.
       
       ## Aus Sicherheitsinteressen abgelehnt
       
       Grüne und Linke fordern seit langem, Snowden regulär als Zeugen in
       Deutschland zu befragen. Die Bundesregierung müsste für seine Einreise die
       Voraussetzungen schaffen. Die Regierung ist allerdings gegen eine
       Vernehmung des Amerikaners auf deutschem Boden und begründet dies mit einem
       angeblich drohenden Schaden für das deutsch-amerikanische Verhältnis.
       
       Die Oppositionsfraktionen wollten die Bundesregierung mit einem Antrag
       auffordern, die nötigen Vorbereitungen für eine Vernehmung in Berlin zu
       treffen. Sie scheiterten jedoch an der schwarz-roten Mehrheit im
       NSA-Ausschuss. Union und SPD brachten stattdessen einen eigenen Antrag ein
       – für die Videobefragung in Moskau. Zur Begründung heißt es darin unter
       anderem, eine Vernehmung in Deutschland werde angesichts der Haltung der
       Bundesregierung, aber auch angesichts der Sicherheitsinteressen des Zeugen
       abgelehnt.
       
       Der SPD-Obmann Christian Flisek sagte, es gebe ein Auslieferungsabkommen
       mit den USA und ein vorläufiges Festnahmeersuchen der Amerikaner für
       Snowden. "Wenn wir Herrn Snowden nicht gefährden wollen, können wir ihn
       nicht einfach nach Deutschland laden." Der Unions-Obmann Roderich
       Kiesewetter (CDU) sagte: „Wir glauben nicht, dass Berlin ein geeigneter Ort
       für ihn ist.“
       
       Die Opposition reagierte enttäuscht und verärgert. Die Linke-Obfrau Martina
       Renner sprach von einer Finte. „Das ist ein weiterer Versuch, die
       Zeugenaussage von Snowden zu verhindern.“ Der Amerikaner habe schließlich
       schon klar gemacht, dass er für eine Vernehmung per Video nicht zur
       Verfügung stehe. Nun sei der Gang nach Karlsruhe die letzte Möglichkeit, um
       Snowden nach Deutschland zu holen. Darüber werde man nun in den Fraktionen
       von Linken und Grünen beraten.
       
       ## Technikexperten fordern IT-Aufrüstung
       
       Der Grünen-Obmann Konstantin von Notz nannte den Vorstoß von Union und SPD
       einen Skandal. „Wir werden uns das so nicht gefallen lassen“, sagte er.
       „Man versucht hier, das Aufklärungsinteresse des Ausschusses zu
       sabotieren.“ Die Bundesregierung wolle verhindern, dass Snowden frei in
       Deutschland aussage – und die Abgeordneten der großen Koalition betrieben
       das Geschäft der Regierung. Inzwischen bezweifle er, ob es der Regierung
       tatsächlich um das Verhältnis zu den USA gehe oder nicht eher darum, eigene
       Geheimnisse zu schützen.
       
       Die Entscheidung zu Snowden fiel am Donnerstag nach einer mehrstündigen
       Sachverständigenanhörung im NSA-Ausschuss. Mehrere Technikexperten
       forderten darin eindringlich eine Aufrüstung der IT-Sicherheit in
       Deutschland. Sie warben für eine flächendeckende sogenannte
       Ende-zu-Ende-Verschlüsselung der Telekommunikation.
       
       Dabei werden beispielsweise Mails vom Sender verschlüsselt, geschützt durch
       das Netz geschickt und erst vom Empfänger mit einem eigenen "Schlüssel"
       wieder lesbar gemacht. Die IT-Experten plädierten auch dafür, den deutschen
       Datenverkehr nicht mehr in bisherigem Ausmaß über die USA und andere
       Staaten zu leiten, sondern innerhalb des Landes und Europas zu halten.
       
       26 Jun 2014
       
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