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       # taz.de -- Museen in den Niederlanden: Alte Meister, neue Geschichten
       
       > Der Museumsbesuch als spannende Zeitreise: im neugestalteten Mauritshuis
       > in Den Haag und im Rijksmuseum in Amsterdam.
       
   IMG Bild: „Der Garten Eden“, das Gemeinschaftswerk von Jan Brueghel und Peter Paul Rubens.
       
       Endlich wieder einmal Bilder, die eine Geschichte erzählen", sagt Anna, die
       abstraktionsverwöhnte Kunstkritikerin aus Berlin, beim Gang durch die
       neugestalteten Räumlichkeiten des Mauritshuis mitten in Den Haag. Diese
       kleine Pinakothek, einst das stattliche Privatpalais des holländischen
       Brasilien-Gouverneurs Johan Maurits (1604-1679), besitzt mit ihren 800
       Gemälden eine der wichtigsten Sammlungen holländischer Meister des 17.
       Jahrhunderts. Es wurde gerade nach zweijährigen Bau- und
       Renovierungsarbeiten wieder eröffnet. Der Umbau war kein Facelifting,
       sondern eine Umgestaltung und Vergrößerung, die 30 Millionen verschlang.
       
       "Wirklich ein Schatzkästchen", lobt Anna vor dem Bild "Der Garten Eden",
       dem üppigen Gemeinschaftswerk von Jan Brueghel und Peter Paul Rubens, auf
       der neuen grünen Seidentapete. Die holländische Malerei des 17.
       Jahrhunderts lässt Fantasien, Vorstellungen, Ängste und Werte dieser Epoche
       lebendig werden, aber vor allem zeigt sie den Alltag der Menschen.
       Detailverliebte Bildreportagen, gemalt von Malerdynastien: das Besäufnis im
       Wirtshaus oder im trauten Familienkreis inklusive alkoholisierten
       Kleinstkindes - "Wie die Alten sungen, so pfeifen die Jungen" von Jan
       Steen; ein Dorf im Winterkleid, "Auf dem Eis" von Hendrick Avercamp.
       
       Die Geschichten, zu denen dieses kleine Privatmuseum inspiriert, sind
       längst Bestseller. Hier hängen Ikonen wie "Das Mädchen mit dem
       Perlenohrring" von Johannes Vermeer, das Tracy Chevalier im gleichnamigen
       Roman als Vorlage benutzte. Die Romanverfilmung lockt heute vor allem
       japanische Fans ins Mauritshuis. Sie lieben das blonde Kind. Der neue Star
       der Literaturszene ist jedoch das Bild "Der Distelfink" von Carel
       Fabritius. Der gleichnamige Erfolgsroman von Donna Tartt mit seinen tausend
       Seiten wird selbstverständlich auch im neuen Museumsshop vertrieben, gleich
       neben den iPad-Hüllen und Kosmetiktäschchen mit dem Porträt der Mona Lisa
       des Nordens, des Mädchens mit dem Perlenohrring.
       
       Die spannende, hochgelobte Roman der amerikanischen Autorin Donna Tartt
       dreht sich immer wieder um das Bild des Distelfinks, den der junge Theo
       Decker, die Hauptfigur, bei einem Anschlag auf das Metropolitan Museum in
       New York entwendet hat. Das Bild wird ihm nach dem Tod seiner Mutter, die
       bei dem Anschlag ums Leben kam, zum Seelentröster.
       
       ## Hollands Nationalmuseum
       
       "Kunst ist Therapie" - prangt auf einem leuchten Schriftzug vom Eingang des
       Rijksmuseum in Amsterdam. Hochaltar in dem kirchenähnlichen neugotischen
       Museumsbau ist Rembrandts Großbild "Die Nachtwache". Es ist stets umstellt
       von Besuchern aus Holland und der ganzen Welt.
       
       "Ich denke, in den Niederlanden ist die Kulturgeschichte relativ
       ungebrochen durch die Jahrhunderte tradiert worden. Anders als in
       Deutschland", sagt Professor Gregor Weber, Hauptabteilungsleiter Bildende
       Künste im Rijksmuseum. "Geschichte ist hier vielmehr sichtbar, wenig
       zerstört: Wenn man durch Amsterdam läuft und die schönen Grachtenhäuser
       sieht, dann findet man diese und ihre damaligen Besitzer auf den Bildern
       wieder." Der Museumsbesuch als spannende Zeitreise.
       
       "Fast drei Millionen Besucher hatte das Rijksmuseum seit seiner
       Wiedereröffnung im letzten Jahr", sagt Marketingmangerin Nikki Smeets. Die
       aufwendige Renovierung habe sich gelohnt. Das goldene Zeitalter der
       holländische Malerei sei ein touristisches Highlight. Gefragte
       Kulturgeschichte, wie die historischen Puppenhäuser im Museum. Selbst das
       Porzellan der akribisch ausgeschmückten Miniaturhäuser wurde damals aus
       China importiert. Obsessionen einer reichen Handelsnation. Das goldene
       Zeitalter eben.
       
       28 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Edith Kresta
       
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