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       # taz.de -- Kommentar Oppermann und Gysi: Ein infamer Nazivergleich
       
       > Ein Abgeordneter der Linken hat Bundespräsident Gauck „Kriegshetzer“
       > genannt. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Oppermann reagiert abgefeimt.
       
   IMG Bild: Reichlich danebengegriffen: Thomas Oppermann.
       
       Thomas Oppermann war schon ziemlich lange nicht mehr in den Schlagzeilen.
       Seit seinem unglücklichen Agieren in der Edathy-Affäre war der SPD-Mann,
       ansonsten verlässlicher Produzent von Agentur-Meldungen, von der
       öffentlichen Diskursbühne erstmal abgetreten.
       
       Die Quarantäne ist beendet. Mit einem Nazi-Vergleich. Denn nichts sorgt
       verlässlich für mehr mediale Aufmerksamkeit als den politischen Gegner mit
       Nazis zu vergleichen. Das ist eine Art rhetorische Atombombe, deren
       Anwendung in den letzten Jahren zum Glück etwas aus der Mode gekommen ist.
       
       Falsch waren die Vergleiche sowieso fast immer. Es kann sein, dass der
       Bundestag gerade in Zeiten der gemütvollen Großen Koalition etwas mehr
       Polemik gebrauchen kann. Aber Gregor Gysi, dessen jüdisch-kommunistischer
       Vater nur zufällig der SS entkam, in die Nähe von Nazis zu rücken, hat
       etwas Abgefeimtes.
       
       Genau das hat Oppermann getan. Bewusst und gezielt. Der Grund? Der
       Brandenburger Linkspartei-Landtagsabgeordnete Norbert Müller hat auf
       Facebook gepostet, dass er Bundespräsident Gauck für einen „widerlichen
       Kriegshetzer“ hält. Das ist typisch für den moralisch aufgepumpten
       Fundipazifismus, der jeden möglichen Militäreinsatz für ein Verbrechen hält
       und die Zwiespältigkeiten solcher Einsätze in einem Gut (Wir
       Friedensfreunde) gegen Böse (Alle anderen) Raster entsorgt.
       
       Der Bundespräsident hatte kürzlich, im Graubereich zwischen Vagem und
       Bedeutsamen, räsonniert, dass die Bundeswehr auch im „Kampf für
       Menschenrechte“ zu den Waffen greifen müsse. Bislang gilt ein drohender
       Genozid als einzig legitimer Grund für militärische Interventionen.
       Menschenrechte werden in sehr vielen Ländern verletzt und ob unserem
       Bundespräsident ein Einsatz in Syrien, Tibet oder Saudi-Arabien vorschwebt,
       ist unserer Fantasie überlassen.
       
       Oppermann jedenfalls erinnerte die Attacke des Linksparteiprovinzlers gegen
       Gauck „an die Strategie der Nazis gegen Reichspräsident Ebert“. Aber das
       ist eine Kurzschluss-Analogie, die propagandistische Rhetorik kennzeichnet.
       Gauck „Kriegshetzer“ zu nennen, ist dumm, plump, unverfroren. Aber: Diese
       Kritik zielt nicht auf Gauck als Repräsentant dieser Demokratie, sondern
       auf eine bestimmte politische Äußerung.
       
       Die Nazis polemisierten gegen Reichspräsident Ebert, weil er die Demokratie
       verkörperte, die sie mit Gewalt zerstören wollten. Aber solche Unterschiede
       spielen keine Rolle: Oppermann will die Diffamierung, das größtmögliche
       Kaliber, den Knalleffekt. Und rückt Gysi, den er in Generalhaftung für
       Facebook-Posts von Provinzgenossen nimmt, in die Nähe von Nazis. Das hat
       etwas Infames.
       
       26 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Reinecke
       
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