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       # taz.de -- Oberster Gerichtshof in den USA: Handys sind privat
       
       > Künftig darf die Polizei in den USA Handys nicht mehr ohne richterlichen
       > Beschluss durchsuchen. Das Ausspähen von Daten durch Geheimdienste bleibt
       > erlaubt.
       
   IMG Bild: Wenigstens die Polizei darf nicht mehr so einfach ausspähen.
       
       WASHINGTON afp | Das Oberste Gericht in den USA hat die polizeiliche
       Durchsuchung von Handys ohne richterlichen Beschluss für verfassungswidrig
       erklärt. Auch für Mobiltelefone gelte der im vierten Verfassungszusatz
       festgelegte Schutz vor unangemessenen staatlichen Übergriffen auf die
       Privatsphäre, entschied der Supreme Court am Mittwoch in Washington. Die
       elektronische Ausspähung von Daten durch die US-Geheimdienste ist von dem
       Urteil allerdings nicht berührt.
       
       Das Oberste Gericht prüfte zwei voneinander unabhängige Fälle, in denen die
       Polizei Verdächtigen über SMS, Telefonnummern und Fotos auf ihren Handys
       Verbindungen zur Drogenkriminalität nachweisen konnte. Die beiden Männer
       aus den Bundesstaaten Kalifornien und Massachusetts fochten ihre
       Verurteilungen an. Nach dem Gang durch die Instanzen landete ihre Berufung
       schließlich beim Supreme Court. Das neunköpfige Richtergremium wertete das
       Vorgehen der Polizei als Verstoß gegen die Verfassung.
       
       Der Vorsitzende Richter John Roberts erinnerte in der Urteilsbegründung
       daran, dass der vierte Zusatzartikel einst als Antwort auf die
       willkürlichen Hausdurchsuchungen der britischen Kolonialzeit in Nordamerika
       gedacht war. In der heutigen Zeit würden die Menschen große Mengen
       persönlicher Daten auf ihren Mobiltelefonen speichern. „Die Tatsache, dass
       diese Technologie einem Individuum nun erlaubt, diese Informationen in
       seiner Hand zu tragen, macht jene Informationen nicht weniger
       schutzwürdig“, erklärte der Vorsitzende Richter.
       
       „Unsere Antwort auf die Frage, was die Polizei tun muss, ehe sie ein bei
       einer Festnahme beschlagnahmtes Handy durchsucht, ist entsprechend einfach
       – sich einen richterlichen Beschluss besorgen“, schlussfolgerte Roberts.
       Ausnahmen dürfe es nur geben, wenn die Sicherheit der Polizisten in Gefahr
       sei oder die Vernichtung von Beweismitteln drohe. Das US-Justizministerium
       kündigte an, mit der Polizei zusammenzuarbeiten, um die Entscheidung des
       Supreme Court „voll anzuwenden“.
       
       ## Applaus von Bürgerrechtlern
       
       Die Bürgerrechtsgruppe ACLU begrüßte das Urteil als wichtigen Schritt zum
       Schutz der Persönlichkeitsrechte. Der Supreme Court habe anerkannt, dass
       „die digitale Revolution unsere Erwartungen an die Privatsphäre verwandelt
       hat“, erklärte die Organisation. „Wir haben eine neue Welt betreten, aber
       unsere alten Werte sind noch immer gültig und begrenzen die Möglichkeiten
       des Staates, sich durch die intimen Details unserer Privatleben zu wühlen.“
       
       Das Urteil bezog sich allerdings nicht auf die massive Überwachung der
       Kommunikationsdaten von Menschen rund um die Welt durch den Geheimdienst
       NSA. In den USA hatte vor allem die Enthüllung für Empörung gesorgt, dass
       die dortigen Mobilfunkanbieter der NSA auf Grundlage geheimer
       Gerichtsbeschlüsse systematisch sogenannte Metadaten übermittelten. Damit
       erhielt der Geheimdienst die Nummern der Gesprächspartner sowie
       Informationen zu Zeit, Ort und Dauer aller Telefonate.
       
       Ein im vergangenen Monat vom US-Repräsentantenhaus verabschiedeter
       Gesetzentwurf sieht vor, dass die Verbindungsdaten künftig bei den
       Telefongesellschaften verbleiben müssen. Um auf bestimmte Datensätze
       zugreifen zu können, müsste sich die NSA bei einem begründeten Verdacht
       einen Beschluss des geheimen Spezialgerichts Foreign Intelligence
       Surveillance Court besorgen. Ebenfalls begrenzt werden sollen die
       Speicherdauer und der Kreis von Personen um einen Verdächtigen, deren Daten
       durchleuchtet werden dürfen. Die Reform, die an den NSA-Aktivitäten im
       Ausland aber nichts ändert, benötigt noch die Zustimmung des Senats.
       
       26 Jun 2014
       
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