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       # taz.de -- Ugandischer Milizenführer Joseph Kony: Keine Nadel im Heuhaufen
       
       > Einheiten aus den USA und Afrika suchen den Milizenführer Kony. Sie
       > wissen: Er ist im Sudan. Doch weil sie dort nicht hinkönnen, jagen sie
       > woanders.
       
   IMG Bild: Bringt nicht nur sich selbst ins Schwitzen: Joseph Kony, hier 2006 im Südsudan.
       
       KAMPALA taz | Sie schleichen in kleinen Gruppen durch das Unterholz,
       bewegen sich im Zickzack in einem gewaltigen, dicht bewaldeten und fast
       unbewohnten Gebiet zwischen Uganda, der Demokratischen Republik Kongo,
       Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik hin und her. Die Suche nach
       der ugandischen Rebellenbewegung LRA (Lord’s Resistance Army) bleibt auch
       sechs Jahre, nachdem der international gesuchte LRA-Führer Joseph Kony sein
       Hauptquartier im kongolesischen Garamba-Nationalpark angesichts ugandischer
       Luftangriffe aufgab, ein überdimensionales Katz-und-Maus-Spiel. Eine App
       für das Smartphone erlaubt sogar, die Kony-Jagd online zu verfolgen – wie
       ein Videospiel, nur in echt.
       
       Derzeit sind rund 200 US-Soldaten mit allerlei Hightech-Ausrüstung und
       Spezialflugzeugen in der Region stationiert, um Kony zu finden. Die
       Afrikanische Union (AU) gründete vor zwei Jahren eine Regionale
       Eingreiftruppe mit dem Mandat, Kony über die Landesgrenzen hinweg zu
       suchen. Vorgesehen waren 5.000 Soldaten der Armeen von Uganda, Südsudan,
       Zentralafrika und Kongo. Aber die Armeen Zentralafrikas und Südsudans sind
       in ihre eigenen Bürgerkriege verstrickt und auch Uganda und Kongo zogen
       ihre Truppen zeitweise zu dringenderen Einsätzen ab.
       
       Das Absurde: Man weiß, wo Kony steckt. US-Kommandeur Oberst Kevin Lehay
       erklärte im Februar in Uganda, man wisse, wo sich Kony aufhalte. Die UNO
       veröffentlichte Beweise und Satellitenbilder: Kafia Kingi im Dreiländereck
       zwischen Sudan, Südsudan und der Zentralafrikanischen Republik soll Kony
       als Versteck dienen. Ein wüstenhaftes Fleckchen Erde so groß wie Puerto
       Rico – doch unzugänglich für die Kony-Jäger.
       
       Denn Kafia Kingi liegt im Sudan. Sudan ist nicht Teil der
       AU-Regionaltruppe. Sowohl für Sudans Präsidenten Omar Al-Bashir besteht ein
       Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs als auch für LRA-Chef
       Kony. Deswegen arbeiten die USA nicht mit dem Sudan zusammen. Die AU
       wiederum steht im Streit mit dem Strafgerichtshof aufseiten Bashirs und
       verlangt die Aufhebung des Haftbefehls. Die einen können Kony nicht
       aufgreifen, die anderen wollen nicht.
       
       ## Aktivisten dokumentieren die Verbrechen der LRA
       
       Also jagen US-Amerikaner und afrikanische Truppen die LRA lieber woanders –
       dort, wo sie kleine Untergruppen vermuten, die fast autonom von Kony
       arbeiten. Die LRA galt einmal als eine der brutalsten Milizen des
       Kontinents. Sie entführte einst im Norden Ugandas tausendfach Kinder und
       Frauen, bildete sie zu Kämpfern aus, schnitt manchen die Lippen ab, damit
       sie keine Geheimnisse verrieten.
       
       Seit 2006 ist sie nicht mehr in Uganda aktiv; sie floh nach Südsudan, dann
       in den Kongo, dann Richtung Zentralafrika. Die US-Aktivistengruppe Resolve
       dokumentiert penibel jeden LRA-Übergriff auf ihrer Webseite. Seit 2008 hat
       die LRA demnach angeblich 2.332 Menschen getötet und rund 5.000 entführt,
       davon wurden 2.400 wieder freigelassen. Aber waren es im Jahr 2010 noch
       1.400 Entführungen und 272 Morde, reduzierte sich die Zahl im vergangenen
       Jahr auf 467 Entführungen und 76 Tote. Im vergangenen Monat wurden
       lediglich zwei Tote registriert.
       
       US-Oberst Lehay setzt in seiner Operation „Moon Soon“ (Baldiger Mond)
       darauf, die Schwächen der LRA auszunutzen. Der Kontakt zwischen
       Kampfeinheiten und Kony sei selten, sagt er. Die Kämpfer, die nur noch auf
       rund 150 geschätzt werden, überfallen Dörfer, um Nahrung zu ergattern.
       Erhalten sie lange keine Befehle, ergeben sie sich meist freiwillig.
       
       Die Taktik, so Lehay, sei demnach, die Kämpfer zu treiben wie Freiwild, um
       ihnen keinen Kontakt zur Führung zu ermöglichen. Immerhin konnten Erfolge
       verbucht werden: Im April fassten die AU-Truppen in Zentralafrika
       LRA-Anführer Charles Okello. Im Februar berichteten LRA-Deserteure, Konys
       Vize Okot Odhiambo sei tot. Ein weiterer Top-Anführer, Dominic Ongwen, habe
       sich abgesetzt.
       
       Aber die engen Beziehungen zwischen Kony und Bashir sind fast so alt wie
       die LRA selbst. Sudan ist ein perfektes Versteck für den 53-jährigen
       Ugander, um seinen Lebensabend zu verbringen.
       
       26 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
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