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       # taz.de -- Streit um Kaisenhäuser: Friede den Hütten
       
       > Kaisenhäusern soll kein Abriss mehr drohen, wenn sie als Gartenlauben
       > dienen, schlägt der grüne Bausenator vor. Die SPD ist sauer.
       
   IMG Bild: Legales, seit 1949 bewohntes Kaisenhaus im Bremer Westen.
       
       Der grüne Bausenator Joachim Lohse will, unter bestimmten Bedingungen,
       Kaisenhäuser in Parzellengebieten dulden. Bisher wurden sie vor allem mit
       dem Abrissbagger bekämpft. Nun, so der Plan, sollen intakte Behelfsheime in
       voller Größe erhalten bleiben – wenn sie nur als Gartenlauben genutzt
       werden.
       
       „Das ist der erste vernünftige Vorschlag eines Verantwortlichen seit
       Jahren, wenn nicht Jahrzehnten“, sagt die Kaisenhaus-Expertin und
       [1][Historikerin Kirsten Tiedemann]. Das Wohnen im Kleingarten ist weiter
       verboten – ausgenommen sind nur „Kaisenauswohner“ (siehe Kasten).
       
       Anlass der Debatte ist die heftig umstrittene Zwangsräumung einer Parzelle
       im vergangenen Winter. Damals ließ Lohses Behörde das Parzellenhaus eines
       Mitsechzigers – er wohnte seit längerem illegal im Kleingarten – mit Hilfe
       der Polizei und eines Baggers abreißen.
       
       Der Fall schlug hohe Wellen. Nachher war sich die rot-grüne Koalition
       einig, dass so etwas nicht wieder vorkommen soll. Bis Ende 2013 sollte
       Lohse ein Konzept vorlegen, wie mit Kaisenhäusern zu verfahren ist, vor
       allem mit solchen, die größer sind als jene 24 Quadratmeter, die das
       Bundeskleingartengesetz erlaubt.
       
       Dieses Konzept gibt es immer noch nicht, dafür aber zwölf Eckpunkte, für
       die Bau-Staatsrat Wolfgang Golasowski verantwortlich ist. „Das Haus soll
       nicht dafür bestraft werden, dass es mal bewohnt war“, sagt er. Gegen
       „unzulässiges Dauerwohnen“ in Kleingartengebieten soll aber weiterhin
       vorgegangen werden – die Behörde spricht von etwa 90 Fällen. Die
       BewohnerInnen müssten ausziehen, aber das Haus könne stehen bleiben, so
       Golasowski – auch wenn es größer ist als heute erlaubt.
       
       Seit dem Jahr 2000 hat die Behörde etwa 350 solcher Kaisenhäuser
       abgerissen, weitere 215 stehen zum Teil seit Jahren leer, für sie liegen
       „Abrissverfügungen“ vor. Weil deren Umsetzung die Behörde aber jedes Mal
       weit über 10.000 Euro kostet, wird es laut Golasowski noch mindestens zehn
       bis 15 Jahre dauern, bis diese Bauten auch tatsächlich abgerissen sind. Die
       Häuser verfallen mit der Zeit: „Von diesen Ruinen geht eine fatale Wirkung
       auf gut funktionierende Kleingartengebiete aus“, so Tiedemann.
       
       Maike Schäfer von den Grünen begrüßt, dass es keine neuen
       „Abrissverfügungen“ geben soll: „Das ist ein Schritt in die richtige
       Richtung.“ Intakte Werte dürften nicht mit Steuergeldern vernichtet werden.
       In der SPD-Fraktion wiederum ist man sauer auf Lohse – der Vorstoß des
       Ressorts sei „nicht in der Koalition abgestimmt“, sagte Baupolitiker Jürgen
       Pohlmann. Er kenne Golasowskis Papier auch nicht – dafür warte man
       „dringlich“ auf den schon 2013 zugesagten Bericht.
       
       Unterdessen wird geprüft, einzelne Kleingartengebiete zu
       Wochenendhaus-Gebieten zu erklären. Hier kann laut einem neueren [2][Urteil
       des Bundesverwaltungsgerichtes] das Wohnen „ausnahmsweise“ zugelassen
       werden, außerdem sind dort Häuser mit 40 Quadratmetern erlaubt. „Das ist
       nicht der Königsweg“, so Golasowski. Denn: In Kleingärten ist die Pacht
       gedeckelt, bei Wochenendhäusern nicht.
       
       24 Jun 2014
       
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