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       # taz.de -- England scheitert in der Vorrunde: Kein Küsschen von der Queen
       
       > „Ganz gut Fußball gespielt“ habe man, sagt Englands Coach Roy Hodgson.
       > Dennoch ist England raus. Aber wer sind die Schuldigen für die Blamage?
       
   IMG Bild: Ein Tor war nicht genug: Wayne Rooney.
       
       DUBLIN taz | Die Hoffnung währte nur 22 Stunden. Nach [1][Englands
       1:2-Niederlage gegen Uruguay] am Donnerstagabend waren die „Three Lions“
       auf Schützenhilfe vom italienischen Team angewiesen. Dessen Mittelstürmer
       Mario Balotelli hatte versprochen, das Siegtor gegen Costa Rica zu
       erzielen. Dafür verlangte er einen Kuss von Königin Elisabeth – auf die
       Wange. Daraus wird nun nichts. [2][Italien unterlag gegen Costa Rica mit
       0:1], und die Engländer müssen ihre Koffer packen. Das Spiel gegen Costa
       Rica am Dienstag ist für sie bedeutungslos. Es ist das erste Mal seit 1958,
       dass England bei einer Weltmeisterschaft die Vorrunde nicht übersteht.
       
       Für die englischen Medien stand das Aus bereits nach dem Spiel gegen
       Uruguay fest. „Wir sind weg“, titelte die Sun kurz und prägnant, und der
       Daily Telegraph schrieb: „Gedemütigt, vernichtet und beerdigt – ein
       hoffnungsloser Fall.“ Man sei ausgerechnet von einem ehemaligen
       Rollstuhlfahrer blamiert worden: Luis Suárez, Englands Fußballer des
       Jahres, der beim FC Liverpool spielt, musste vor der WM am Meniskus
       operiert werden. Uruguays Trainer Oscar Tabarez sagte jedoch: „In Uruguay
       schreibt das Gesetz vor, dass man als Patient ein Krankenhaus im Rollstuhl
       verlassen muss.“
       
       Warum ist England so sang- und klanglos ausgeschieden? Im [3][ersten
       Gruppenspiel gegen Italien] sah es doch recht gut aus, was die Spieler
       ablieferten. Gegen Uruguay hingegen hat die Angst sie gelähmt. Am Trainer
       Roy Hodgson lag es nicht, er muss mit den Leuten auskommen, die er zur
       Verfügung hat, und das sind wenige. Dank der enormen Summen, die Sky für
       die Übertragungsrechte bezahlt, können es sich die englischen Vereine
       leisten, fertige Spieler im Ausland zu kaufen. Die Jugendarbeit wird
       deshalb vernachlässigt.
       
       So fehlt es in der Nationalmannschaft an einem breiten Angebot. Die Abwehr
       ist mit Jagielka und Johnson nur mäßig besetzt, im Mittelfeld hat Kapitän
       Steven Gerrard seinen Zenit überschritten, und im Angriff verlässt man sich
       auf Rooney, der in der Nationalmannschaft noch nie überzeugen konnte, aber
       keinen echten Konkurrenten hat. Doch es gibt Hoffnung: Hodgson hat unter
       anderem mit Sterling, Wellbeck, Sturridge, Shaw junge Spieler im Aufgebot,
       die ein kleiner Lichtblick in Brasilien waren.
       
       ## Gerrard als Schuldiger
       
       Für die Medien waren die Sündenböcke für Englands Niederlage gegen Uruguay
       schnell ausgemacht: Vor allem [4][Gerrard] habe mit seinen Fehlern den Weg
       für die beiden Tore geebnet. Die meisten Zeitungen rieten dem 34-jährigen,
       seinen Abschied vom internationalen Fußball zu nehmen. Auch Mittelstürmer
       Wayne Rooney hat die großen Erwartungen wieder mal enttäuscht. Zwar gelang
       ihm nach 759 torlosen Minuten im Nationaltrikot endlich ein Treffer, aber
       ansonsten war von ihm in beiden Spielen wenig zu sehen. „Nein, heute
       nicht“, wehrte Rooney Interview-Anfragen nach dem Spiel entnervt ab.
       
       An Hodgson wird wenig herumgemäkelt, was für englische Medien erstaunlich
       ist. Englands Nationaltrainer haben es immer schwer, weil die Erwartungen
       der Fans und der Medien in keinem realistischen Verhältnis zum
       Leistungsvermögen der Mannschaft stehen. In den vergangenen beiden
       Jahrzehnten wurde jeder Trainer nach seinem Rücktritt oder seiner
       Entlassung mit Häme überschüttet. Graham Taylor, dessen Team sich nicht für
       die Weltmeisterschaft 1994 qualifizieren konnte, wurde fortan in den Medien
       als „Runkelrübe“ verunglimpft, und diesen Spitznamen wird er bis an sein
       Lebensende behalten.
       
       Englands Weltmeister von 1966, Jack Charlton, urteilte einmal, dass die
       wichtigste Voraussetzung für einen englischen Nationaltrainer
       Geistesgestörtheit sei. Ein Sportreporter meinte mitleidig, dass nur der
       Premierminister einen ähnlich anstrengenden Job habe. Bei beiden fühle sich
       die gesamte Nation berufen, jeden öffentlichen Auftritt mit höhnischen
       Kommentaren zu begleiten.
       
       Der 66-jährige Hodgson hat erklärt, dass er seinen bis 2016 laufenden
       Vertrag gerne erfüllen würde, und der englische Fußballverband ist offenbar
       bereit, ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Hodgson sagte am Freitag trotzig:
       „Wir haben in beiden Spielen ganz gut Fußball gespielt. Suárez hatten wir
       die meiste Zeit im Griff.“ Zwei Mal aber nicht, und Suárez besiegelte
       Englands Schicksal.
       
       20 Jun 2014
       
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