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       # taz.de -- Flüchtlinge in Berlin-Kreuzberg: Schule wird wohl in Kürze geräumt
       
       > Offenbar wollen die Behörden die Bewohner der besetzten Schule in
       > Kreuzberg in den nächsten Tagen in andere Heime verlegen.
       
   IMG Bild: Wäsche hängt vor der von Flüchtlingen besetzten Schule in Berlin-Kreuzberg.
       
       Die Hinweise auf eine bevorstehende Räumung der besetzten
       Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg verdichten sich. Aus Dokumenten, die
       der taz vorliegen, geht hervor, dass momentan auffällig viele Plätze in den
       Berliner Flüchtlingsunterkünften nicht belegt sind – Experten vermuten,
       dass diese bewusst freigehalten werden, um die BewohnerInnen der Schule
       nach einer Räumung dort unterzubringen. So wurden aus einer Unterkunft in
       Charlottenburg sämtliche Bewohner ohne erkennbaren Grund verlegt. Das
       Charlottenburger Heim steht jetzt leer, wird aber weiterhin als Unterkunft
       betrieben. Außerdem wurden Hostels zur Unterbringung angemietet, obwohl in
       den Heimen noch freie Plätze sind. Auch dies bedeutet zusätzliche Kosten,
       die jedoch in Zusammenhang mit einer Verlegung der Schulbewohner Sinn
       ergeben würden.
       
       Zusätzlich gibt es Hinweise darauf, dass die Senatsverwaltung für Soziales
       am Dienstag ein Konzept für die Schule vorlegen wird, in dem vermutlich
       alternative Unterbringungsmöglichkeiten für die BesetzerInnen präsentiert
       werden. Bereits am Freitagabend wollten Bezirkspolitiker sich mit den
       SchulbewohnerInnen treffen, eventuell sollten dabei bereits alternative
       Unterkünfte präsentiert werden. In Unterstützerkreisen wird von einer
       Räumung zu Beginn der kommenden Woche, vermutlich am Dienstag, ausgegangen.
       
       Am Freitagmittag hält sich der Bezirk noch bedeckt: „Wir wissen bisher
       nichts von einer alternativen Unterkunft“, sagt Sprecher Sascha Langenbach.
       Er betont aber, dass Friedrichshain-Kreuzberg mit großer Dringlichkeit auf
       einen Vorschlag des Senats warte: „Es ist überfällig, dass wir eine
       adäquate Lösung für die Bewohner finden.“ 211 BewohnerInnen der Schule
       hätten bisher einen „Hausausweis“ erhalten und seien damit registriert.
       
       Die Senatsverwaltung für Soziales unter Mario Czaja (CDU) hatte schon vor
       Monaten angekündigt, eine Unterkunft bereitstellen zu wollen, sobald die
       Registrierung durch die Verwaltung von Integrationssenatorin Dilek Kolat
       (SPD) abgeschlossen sei. Das „Einigungspapier Oranienplatz“, das Kolat mit
       Flüchtlingen ausgehandelt hatte, gilt formal auch für die BewohnerInnen der
       Schule. Dennoch herrscht dort große Unsicherheit: „Es gibt viel Angst und
       Verwirrung. Die Bewohner wissen nicht, was mit ihnen passieren wird“, sagt
       eine Mitarbeiterin der Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge.
       
       Das Wort „Räumung“ möchte Sascha Langenbach nicht in den Mund nehmen. „Ich
       sage ganz klar: Der Bezirk räumt nicht“, sagt er. „Wenn hier Menschen
       ausziehen, dann freiwillig.“ Doch eine alternative Unterbringung ist laut
       Langenbach auch im Interesse der BewohnerInnen, schließlich seien die
       Zustände in der Schule „für niemanden angenehm“.
       
       Angenehm findet zwar auch Mimi, die in der besetzten Schule lebt, die
       Situation nicht. „Wir haben immer noch keine Duschen, keine Waschmaschine,
       keine Küche“, sagt sie. Trotzdem komme es für viele Hausbewohner nicht in
       Frage umzuziehen. „Erstens wissen wir gar nicht, wer da berechtigt wäre und
       wer nicht“, sagt Mimi. Außerdem sehe man an den Flüchtlingen, die bereits
       im Zuge des Einigungspapiers untergebracht worden sind, dass der Senat
       seine Versprechen nicht einhalte und die Flüchtlinge nicht unterstütze.
       
       Mimi und andere BewohnerInnen halten auch die Polizeieinsätze der
       vergangenen Tage für ein Anzeichen für eine baldiger Räumung. Laut einem
       Polizeisprecher beruhten diese auf Körperverletzungsdelikten in der Schule.
       Das „aggressive Auftreten“ der BeamtInnen deutet für die BewohnerInnen aber
       darauf hin, dass es vor allem um Einschüchterung ging.
       
       Noch ein Umstand spricht dafür, dass in Kreuzberg bald geräumt werden
       könnte: Wichtige ProtagonistInnen des Berliner Flüchtlingsprotests befinden
       sich zur Zeit in Brüssel, um dort gegen die europäische Asylpolitik zu
       protestieren. Erst am 28. Juni werden sie nach Berlin zurückkehren – dass
       die besetzte Schule dann noch existiert, erscheint äußerst
       unwahrscheinlich.
       
       20 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Malene Gürgen
       
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