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       # taz.de -- Forderung nach Familienarbeitszeit: „Ein gesellschaftliches Großthema“
       
       > Der Regierungssprecher watschte Familienministerin Schwesig dafür ab.
       > Aber sie hält an der 32-Stunden-Woche fest.
       
   IMG Bild: Manuela Schwesig, Bundesfamilienministerin, will eine Familienarbeitszeit.
       
       BERLIN taz | Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) will trotz
       scharfer Kritik eine Familienarbeitszeit für Eltern mit Kleinkindern
       durchsetzen. „Ich halte an der Idee einer Familienarbeitszeit fest, die vom
       Staat unterstützt wird“, sagte Schwesig der taz.am wochenende.
       
       Viele Eltern wünschten sich, Beruf und Familie besser vereinbaren zu
       können. „Das ist ein gesellschaftliches Großthema“, sagte Schwesig.
       Zwischen 25 und 45 Jahren wolle man im Beruf erfolgreich sein, die Kinder
       seien klein, die Eltern vielleicht schon pflegebedürftig. „Im Grunde geht
       es nur um wenige, aber wichtige Jahre in der Rushhour des Lebens.“
       
       Schwesig betonte weiter: „Die Frauen möchten sich nicht mehr von älteren
       Herren in der Politik einreden lassen, sie seien Rabenmütter.“
       
       Im Januar war die Familienministerin mit der Idee einer Familienarbeitszeit
       zunächst gescheitert. Demnach sollten Eltern mit Kleinkindern ihre
       Arbeitszeit auf 32 Stunden pro Woche reduzieren dürfen. Der Staat sollte
       einen Teil des Lohnausfalls ersetzen.
       
       In der Union stieß der Vorstoß damals auf Kritik. Regierungssprecher
       Steffen Seibert nannte die Idee einen „persönlichen Debattenbeitrag“ der
       Ministerin.
       
       Der Vorschlag brachte Schwesig allerdings einige Zustimmung aus der
       Gesellschaft. Auch in anderen Parteien links der Mitte begannen sich die
       familienpolitischen Fronten zu verschieben. Lange hatte es Betreuungsgeld
       gegen Kita-Ausbau geheißen. Mittlerweile zweifelt nicht nur Schwesig am
       Sinn dieser Konfrontation, auch viele Grüne und Linke sind nicht mehr
       sicher, ob eine kluge Familienpolitik nicht flexibler aussehen muss.
       
       ## Kipping will Dogmen vermeiden
       
       Linkspartei-Chefin Katja Kipping etwa will künftig Dogmen vermeiden. „Die
       Linkspartei darf nicht ausstrahlen, alle Frauen durch die Segnungen der
       Erwerbsarbeit zwangsemanzipieren zu wollen“, sagte Kipping der taz.am
       wochenende. Männer müssten sich mehr an der Familienarbeit beteiligen.
       
       Kipping lobte außerdem Schwesigs Vorstoß für eine 32-Stunden-Woche für
       Eltern mit Kleinkindern. „Auch wenn Schwesig zurückgepfiffen wurde, das
       wird kommen“, sagte Schwesig. Die Gesellschaft sei weiter als die Politik.
       „Was ansteht, ist die Emanzipation der Männer.“
       
       Bisher ist die Linkspartei in der Familienpolitik vor allem für den Ausbau
       von Kitaplätzen eingetreten, um Frauen die schnelle Rückkehr in eine
       Vollzeitstelle zu ermöglichen. Kippings Plädoyer gegen Zwangsemanzipation
       ist ein neuer Tonfall.
       
       ## Grüne mit „Zeitpolitik“ für Gerechtigkeit
       
       Auch die Grünen suchen nach neuen Ansätzen. Ihr Bundesgeschäftsführer
       Michael Kellner hat die „Zeitpolitik“ zu einem von vier programmatischen
       Schwerpunkten erklärt, die seine Partei sich für die nächsten Monate setzt.
       „Es gibt so viele Lebensentwürfe zwischen zwei Vollzeitjobs und dem
       klassischen Alleinverdiener-Modell“, sagte Kellner der taz.am wochenende.
       Natürlich müssten auch Mütter die Chance auf die 40-Stunden-Woche haben,
       wenn sie wollten – wofür auch noch viel zu tun sei. Aber sie sollten sich
       nicht in eine Rolle gedrängt fühlen. „Als Grüne sollten wir nicht
       ausstrahlen: Alle müssen Vollzeit arbeiten.“
       
       Die Partei ist dabei, sich neu zu besinnen. Noch in der vergangenen
       Legislaturperiode wurden jüngere Abgeordnete mit teilzeitorientierten
       Konzepten weggeschickt. Der Vorwurf der grünen Feministinnen: latent
       frauenfeindlich. Das Ideal aus den 80er Jahren lautete Vollzeitarbeit, auch
       für Mütter.
       
       Für Kellner ist die „Zeitpolitik“ auch wichtig, weil sie eine
       Gerechtigkeitsfrage beinhaltet: Zeit für die Familie soll nicht nur
       Gutverdienern möglich sein, sondern auch Müttern und Vätern mit geringerem
       Einkommen.
       
       In der Titelgeschichte „Mehr Zeit für Fußball“ der [1][taz.am wochenende
       vom 21./22. Juni 2014] lesen Sie, warum die politischen Vorstöße von
       Schwesig, Kipping und Kellner auch privat motiviert sind.
       
       20 Jun 2014
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Ausgabe-vom-21/22-Juni-2014/!140689/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ulrich Schulte
   DIR Astrid Geisler
   DIR Stefan Reinecke
       
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