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       # taz.de -- Kolumne Hier spricht Brasilien: Da wurde auch gefoltert
       
       > Nichts ist so ergreifend wie ein Stadionbesuch. Für unseren Autor ist es
       > dennoch ein widersprüchliches Erlebnis. Ein Blick in die Historie
       > Brasiliens.
       
   IMG Bild: Kein Witz: Die Arena in Manaus könnte nach der WM als Gefängnis genutzt werden.
       
       Vor 20 Jahren habe ich zum ersten Mal ein Fußballspiel im Stadion gesehen.
       Mein Opa nahm mich mit. Ein völlig unwichtiges Spiel, aber es hat mich in
       zweierlei Hinsicht geprägt: Zum einen lernte ich den Genuss kennen, ein
       Spiel im Stadion zu sehen, etwas wirklich sehr Eindrucksvolles.
       
       Zum anderen kam mir ins Bewusstsein, dass diese Bühne, die mich gerade so
       animierte, zu Zeiten der zivil-militärischen Diktatur als Gefängnis für
       meinen Opa diente. Es war das Stadion Caio Martins in Niteroi, einer
       Nachbarstadt von Rio de Janeiro.
       
       Seitdem weiß ich: Wenn ich wirklich bei einem Spiel mitfiebern will, muss
       ich ins Stadion gehen. Doch die widerstreitenden Gefühle, die dieses kleine
       Stadion in mir auslöste, werde ich nirgends wieder erleben. Die
       Vorstellung, dass in diesem Jubeltempel Menschen eingesperrt und gefoltert
       wurden, nur weil sie für eine gerechtere Welt kämpften, ist mir
       unvorstellbar.
       
       Das Wissen darum, dass diese Praxis andere Länder inspirierte wie Chile, wo
       sogar das Nationalstadion zweckentfremdet wurde, steigert noch die
       widersprüchliche Wahrnehmung. Und was hat das mit der WM zu tun? Immer habe
       ich gern die Spiele und die Besten der Welt in Aktion für ihre Länder
       geschaut. Aber diese WM hat die Widersprüchlichkeit bis ins Absurde
       gesteigert.
       
       Jetzt handelt es sich nicht um Festnehmen und Foltern im Stadion. Sondern
       um brutale Polizeieinsätze gegen diejenigen, die gegen ein Spektakel sind,
       von dem die brasilianische Bevölkerung ausgeschlossen wurde. Wir schauen
       die Spiele im Fernsehen und protestieren. Wir wissen, dass es nichts Neues
       ist, dass Spektakel und Begeisterung genutzt werden, um uns unsere Rechte
       zu nehmen. Aber wir müssen kämpfen, damit es sich nicht wiederholt.
       
       Der Autor ist Journalist und Präsident des Netzwerks der community radios
       von Brasilien.
       
       25 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pedro Martins
       
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