# taz.de -- Kommentar Verfassungsschutzbericht: Schulterschluss mit den Muslimen
> Islamistischer Extremismus rückt wieder in den VS-Fokus, speziell die
> salafistische Szene. Eine Kriminalisierung kann keine Lösung sein.
IMG Bild: Gefährliche Salafisten? Anhänger des Predigers Pierre Vogel im September 2013 in Frankfurt/Main
Die Not schweißt selbst ehemalige Gegner zusammen. Das Erstarken der
radikalen Isis-Brigaden, die im Irak und in Syrien inzwischen eine ganze
Region unter ihre Kontrolle gebracht haben, lässt jetzt die USA und den
Iran, zwei ehemalige Todfeinde, näher zusammenrücken.
Der Konflikt strahlt auch auf Europa aus. Da ist es nicht überraschend,
dass auch hierzulande langsam alte Fronten aufweichen. Als Innenminister
Thomas de Maizière am Mittwoch in Berlin den Verfassungsschutzjahresbericht
vorstellte, nahm er den gewalttätigen islamistischen Extremismus in den
Fokus.
Aus gutem Grund, hat doch der Anschlag auf das Jüdische Museum in Brüssel,
dem vier Menschen zum Opfer fielen, erst kürzlich gezeigt, welche Gefahr
von radikalisierten Syrien-Rückkehrern ausgehen kann. Und langsam drohen
die Behörden den Überblick zu verlieren, wer so alles mit welcher Absicht
zwischen Europa und dem Nahen Osten hin und her reist.
Besonders die stetig wachsende salafistische Szene beäugt der
Verfassungsschutz mit Sorge. Der Konflikt in Syrien ist ein
Kristallisationspunkt geworden, der sie aufwühlt und ihre Anhänger
mobilisiert. Doch sollte man sich vor Verallgemeinerungen hüten: Wer sich
wie ein Salafist kleidet, muss noch lange nicht Gewalt befürworten. Und
umgekehrt gilt, dass nicht alle, die nach Syrien ausgereist sind, über
salafistische Kreise den Weg dorthin gefunden haben.
## Herausforderung für etablierte muslimische Verbände
Der Salafismus stellt aber auch für die etablierten muslimischen Verbände
in Deutschland eine Herausforderung dar. Denn mit seinen Predigern, die die
Sprache der Jugend sprechen, macht er ihnen zunehmend Konkurrenz. Der Staat
muss den Schulterschluss mit den etablierten Verbänden suchen und ihnen
helfen, einer Radikalisierung junger Muslime vorzubeugen.
Das heißt aber auch, dass er diese Verbände nicht selbst kriminalisieren
darf, wie dies oft genug noch immer geschieht. Die Aufgabe der
Sicherheitsbehörden sollte darin bestehen, Gewalttaten zu verhindern –
nicht darin, Gesinnungspolizei zu spielen.
Gegen antidemokratische und minderheitenfeindliche Einstellungen
vorzugehen, die auf ihre Weise das friedliche Zusammenleben bedrohen, ist
eine Aufgabe der Gesellschaft. Und da ist die Gefahr, die von Islamisten in
Deutschland ausgeht, noch immer marginal im Vergleich zu der Bedrohung
durch den Rechtsextremismus.
19 Jun 2014
## AUTOREN
DIR Daniel Bax
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