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       # taz.de -- Autos von General Motors zurückgerufen: „Schalter aus der Hölle“
       
       > General Motors ruft in diesem Jahr 20 Millionen Fahrzeuge zurück.
       > Tödliche Fehler an Zündschlössern waren vertuscht worden.
       
   IMG Bild: Schrott: Ein Chevrolet Camaro
       
       BERLIN taz | Intern nannten sie das Teil nur „The switch from hell“ – der
       Schalter aus der Hölle. GM, derzeit dem Absatz nach drittgrößter
       Automobilhersteller der Welt, muss in diesem Jahr 20 Millionen Fahrzeuge
       zurückrufen, so viel wie noch kein Autokonzern in so kurzer Zeit und das
       Doppelte einer Jahresproduktion der Firma.
       
       Allein wegen der defekten „Schalter aus der Hölle“ mussten im Februar 2,6
       Millionen Fahrzeuge in die Werkstätten beordert werden, am Montag kamen
       weitere 3,1 Millionen ab dem Jahr 2000 produzierte Chevrolets, Cadillacs
       und Buicks hinzu. Wenigstens ist die deutsche Tochterfirma Opel nicht
       betroffen.
       
       Für General Motors geht es um wesentlich mehr als die 2 Milliarden Dollar,
       die der Konzern bisher für die Reparaturen veranschlagt. Fehler, die so
       tief in Kultur und Arbeitsweise eines Unternehmens reichen, können den Ruf
       vernichten: GM ist seit Jahren bekannt, dass bei bestimmten Modellen die
       Zündschlüssel zu locker im Schloss sitzen. Eine falsche Berührung mit dem
       Bein am Schlüssel reicht aus, und der Motor geht bei voller Fahrt aus, samt
       der Lenk- und Bremskraftverstärker sowie der Airbags. Mindestens 13
       Menschen verunglückten deshalb laut GM tödlich, Opferanwälte sprechen von
       wesentlich mehr.
       
       Ingenieure nannten das Zündschloss „The switch from hell“, weil es bereits
       in der Entwicklung bis 2002 reihenweise durch Tests fiel. In einem von GM
       selbst in Auftrag gegebenen Untersuchungsbericht heißt es: „Die elf Jahre
       dauernde Unfähigkeit von GM-Mitarbeitern, das Problem zu lösen, ist eine
       ganze Historie von Fehlern.“
       
       Bereits seit 2004 lagen GM interne Berichte über Fahrzeuge vor, bei denen
       der Motor wegen der Zündschlüssel ausgeht. Es folgten Presseartikel, im
       Jahr 2007 die erste polizeiliche Untersuchung, die besagte: Menschen
       starben, weil der Airbag bei einem Unfall nicht auslöste, weil der
       Zündschlüssel versehentlich auf „Aus“ sprang. Und GM? Begnügte sich mit
       einer Anweisung an seine Händler: Kunden, die Probleme damit haben, dass
       der Zündschlüssel zu locker sitzt, solle man leichtere Schlüsselanhänger
       empfehlen.
       
       Mittlerweile untersucht der US-Kongress die Vorfälle. Anfang April musste
       sich Konzernchefin Mary Barra den Fragen von Abgeordneten und Anwälten
       stellen. Barra sei dabei regelrecht „gegrillt“ worden, schrieb die
       Washington Post. Auf viele Fragen wusste sie keine Antwort. Barra ist seit
       Januar an der Spitze von GM, die erste Chefin eines Automobilkonzerns. Am
       Mittwoch wird sie erneut im Kongress vernommen.
       
       Ihre Verteidigungsstrategie entspricht dem üblichen Muster: Barra äußerte
       auf der GM-Hauptversammlung vergangene Woche tiefes Bedauern und verspricht
       finanzielle Entschädigung für die Opfer. Sie erzählt die Geschichte eines
       Konzerns, der eigentlich ganz anders ist: Bereits nach der Insolvenz und
       nach kurzzeitigem Einstieg der US-Regierung im Jahr 2009 habe es ein
       Umdenken gegeben. Sie lenkt die Schuld auf Mitarbeiter, die Informationen
       zurückgehalten hätten. Sonst wäre GM „angemessen mit der Angelegenheit
       umgegangen“, behauptet sie.
       
       17 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ingo Arzt
       
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