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       # taz.de -- Das Ende der Diddl-Maus: Adieu Wohlstandsmüll
       
       > Die Diddl-Maus wird nicht mehr verkauft. Ihre Besitzerinnen sind längst
       > erwachsen und werden das penetrante Plüschgrinsen nicht vermissen.
       
   IMG Bild: Die grinst nicht mehr lange: Thomas Goletz' Diddl-Maus.
       
       Die Diddl-Maus macht’s nicht mehr lange. Das hochpreisige Plüschtier wird
       von seinem Hersteller, der Depesche GmbH in Geesthacht, künftig nicht mehr
       vertrieben. Und das ist mal eine richtig gute Nachricht.
       
       Die Diddl-Maus, von ihren kindlichen – irritierenderweise mitunter auch
       erwachsenen – BesitzerInnen nur „Diddl“ genannt, war die Pest der
       Neunzigerjahre. Ihr dünner Mause-Torso thronte auf dicken Klumpfüßen,
       obendrüber lachten aus dem Diddl-Gesicht mit seinem nie versiegenden
       Grinsen schwarze Knopfaugen über pinkfarbenen Backen.
       
       Sie war weich, und sie wurde in sämtlichen Größen produziert. Mal hing –
       und hängt – sie zentimeterklein an Rucksackreißverschlüssen. Mal starrte
       sie einen klaftergroß aus den Tiefen des Kinderzimmers an, wenn man dem
       Schulkind nachts noch mal die Decke unters Kinn zog.
       
       Sie war das, was man Wohlstandsmüll nennt. Kinder verzehrten sich nach ihr.
       Sie drückten sie ans Herz und schleiften sie an den Ohren durch den
       Spielplatzdreck, um sie abends zu den anderen fünf Diddl-Mäusen zu setzen,
       die daheim die Stellung gehalten hatten.
       
       Und sie war teuer. Ein Dreißig-Zentimeter-Exemplar mit Latzhose kostete
       rund 50 D-Mark. Heute gibt es sie – noch! – für dreißig Euro. Ihren Erwerb
       überließen prekäre Jungeltern lieber den solventeren Großeltern.
       
       Dass die Diddl-Maus aushaucht, hat mit den Trends und Zeitläuften zu tun.
       Ihre einst kindlichen Besitzer sind erwachsen geworden. Wenn sie von zu
       Hause ausziehen und nur das Wertvollste in ihre erste eigene Wohnung
       mitnehmen, wird die Diddl-Maus eher nicht darunter sein. Dieses penetrante
       Plüschgrinsen galt mal als süß? Daran möchten sie lieber nicht erinnert
       werden. Genauso wenig wie an die Merchandise-Flut, die sich während ihrer
       Schulzeit in ihr Leben ergossen hatte: die Diddl-Tassen mit den spaßigen
       Sprüchen drauf, die Diddl-Blöcke und -Stifte, die Diddl-Schultasche.
       
       Bald werden diese Kinder Kinder kriegen. Und denen werden sie von ihrem
       knappen Geld neuen Wohlstandsmüll kaufen: Hello-Kitty-Kram und Filly-Pferde
       zum Beispiel. Bis es die irgendwann auch nicht mehr gibt. So wie die
       Diddl-Maus.
       
       17 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Maier
       
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