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       # taz.de -- Brasilien vor dem Mexiko-Spiel: Über die Hymne hinaus
       
       > Brasilien überzeugte gegen Kroatien nur vor dem Anpfiff. Danach: kaum
       > Ideen, viele Fehler und Neymar. Was muss gegen Mexiko besser werden?
       
   IMG Bild: Auf ihm ruhen die Hoffnungen einer ganzen Nation: Brasiliens Heilsbringer Neymar
       
       BERLIN taz | Über die Relevanz des Hymnenschmetterns vor Länderspielen
       lässt sich ja trefflich streiten. Indiskutabel ergreifend jedoch war die
       Sangeshingabe der Seleção und ihres Publikums vorm Eröffnungsspiel gegen
       Kroatien: mit welchem Ernst David Luiz lautstark die Hymne meinte, wie
       Kapitän Thiago Silva mit geschlossenen Augen den Moment genoss. Auf der
       Tribüne sang auch Cafu mit, der Kapitän der letzten brasilianischen
       Weltmeisterelf 2002.
       
       Im Spiel war von diesem Verve über weite Strecken herzlich wenig zu sehen.
       Meist fehlte es in São Paulo an Ideen und Präzision, um den defensiven, im
       Zentrum kompakten Gegner zu knacken. Unzählige Flanken und lange Bälle
       segelten ins Leere, das Kombinationsspiel lahmte. Luiz Gustavo und Paulinho
       hatten die Mitte zwar weitestgehend im Griff, nach vorne konnten sie jedoch
       kaum Impulse setzen.
       
       So war es an Superstar Neymar und Oscar, später auch am eingewechselten
       Hernanes, sich in die Tiefe fallen zu lassen und im Spielaufbau mit
       Dribblings Raum zu schaffen. Ihre genialen Einzelaktionen – und der
       geschenkte Elfmeter zum richtigen Zeitpunkt, als Kroatien immer stärker
       wurde – garantierten schließlich den 3:1-Erfolg.
       
       Nun geht es im zweiten Spiel in Fortaleza (21 Uhr, live im ZDF) gegen die
       von Miguel Herrera trainierten Mexikaner. Dessen „El Tri“ hat nach dem
       überraschend überzeugenden Auftaktsieg gegen Kamerun mächtig Rückenwind.
       „Unsere Stimmung ist auf dem Höhepunkt“, ließ Herrera wissen, „Wir werden
       da rausgehen, um zu gewinnen.“ Dass es seine Mannschaft bei diesem
       ehrgeizigen Vorhaben allzu stürmisch angeht, ist nicht zu erwarten. Im
       Gegenteil. Die Seleção wird sich weiter im Überwinden dichter Abwehrreihen
       üben müssen.
       
       ## Gesucht: Flügelspiel und genauere Flanken
       
       Dabei sollte in erster Linie das ineffiziente Flügelspiel besser werden.
       Der wuchtige Hulk von Zenit Sankt Petersburg wurde gegen Kroatien fast
       gänzlich links liegen gelassen, Rechtsaußen Oscar vom Chelsea FC war nur
       dann gefährlich, wenn er aus der Mitte kam.
       
       Die Mexikaner erwarten das Team von Luiz Felipe Scolari nun zwar mit einer
       Fünferkette, die Stärken der Außenverteidiger Miguel Layún und Paul Aguilar
       liegen jedoch eher in der Offensive. Schafft es Brasilien, beide Flügel
       konsequent zu bespielen und genauere Flanken zu schlagen als zum Auftakt,
       sollte auch Strafraumstürmer Fred profitieren. Dessen einzige Szene im
       Spiel gegen Kroatien war jener Auftritt als sterbender Schwan, der zu
       Neymars Elfmetertor führte.
       
       Auch in der Abwehr besteht auf den Außenbahnen Verbesserungspotenzial. Die
       Kroaten setzten Marcelo und insbesondere den vogelwild stürmenden Dani
       Alves in der ersten Halbzeit mächtig zu und kamen so immer wieder zu guten
       Gelegenheiten. Gegen die schnellen Außenverteidiger und den wendigen
       Giovani dos Santos könnte sich das rächen. Dos Santos, der vor Jahren beim
       FC Barcelona als Riesentalent galt und inzwischen nach einer Odyssee durch
       Europa beim FC Villarreal seine Tore schießt, war im Spiel gegen Kamerun
       auffälligster Spieler. Zwei reguläre Treffer wurden ihm jedoch aberkannt.
       
       Bestenfalls gelingt den Brasilianern ein frühes Tor. Denn dann kann die
       Mannschaft öfter ihre Konterstärke ausspielen, die sich schon in den
       letzten Minuten gegen Kroatien andeutete. Haben die brasilianischen
       Angreifer Platz, dürften sie kaum zu stoppen sein, erst recht nicht von der
       angegreisten mexikanischen Innenverteidigung um den 35-Jährigen Rafael
       Marquez.
       
       ## Die Schmach von der Olympia-Niederlage
       
       Nicht selten waren die Mexikaner der Seleção in näherer Vergangenheit „ein
       Stein im Schuh“, wie Scolari bemerkte. Im Olympischen Finale von London
       2012 siegte Mexiko durch zwei Tore Oribe Peraltas mit 2:1. Ein Stachel, der
       viele Spieler noch heute schmerzt. „Ich war damals sehr traurig. Wir
       wollten diese Goldmedaille, die Brasilien noch nie gewonnen hatte“,
       erinnert sich Oscar. „Ich werde alles tun, um die Mexikaner zu schlagen.“
       
       Eine erste Revanche glückte vor einem Jahr beim Confed-Cup: Im zweiten
       Spiel siegten die Brasilianer durch ein frühes Tor von Neymar und ein
       spätes Tor von Jô nach überragender Vorarbeit Neymars mit 2:0. Die
       Aufstellung war dieselbe wie im Eröffnungsspiel gegen Kroatien. Brasilien
       gewann in der Folge alle Partien, schlug im Finale Spanien mit 3:0 und
       holte den Pokal.
       
       17 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christoph Farkas
       
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